Die Stadt Leinfelden-Echterdingen muss bis Ende 2017 Wohnraum für bis zu 4000 Zuwanderer schaffen. In allen Stadtteilen – auch in Musberg.

Leinfelden-Echterdingen - Die Große Kreisstadt ist verpflichtet, Flüchtlinge mit Bleiberecht aufzunehmen. „Nein zu sagen, das hilft nichts“, stellte Oberbürgermeister Roland Klenk am Dienstag am Rande der Gemeinderatssitzung klar. Der Anlass: Die Begeisterung einiger Musberger darüber, dass nun auch in ihrem Stadtteil Gebäude für die Anschlussunterbringung entstehen sollen, hält sich in Grenzen. Mehrere Männer nutzen die Bürgerfragestunde, um ihrem Ärger Luft zu machen. Zeitgleich flattern Briefe ins Rathaus und auch in unsere Redaktion, aus denen auch hervorgeht, dass die Pläne auf wenig Gegenliebe stoßen.

 

Wie berichtet hat die Verwaltung in Musberg zwei Standorte ausgeguckt. Auf dem Gelände an der Ulrichstraße könnte man 90 Menschen ein Dach über dem Kopf bieten. Der OB deutete an, dass Verhandlungen zum Kauf des Grundstücks, das bisher noch einer Bank gehört, positiv verlaufen. Am Örlesweg dagegen könnte man Platz für 60 Flüchtlinge schaffen. Entschieden sei aber noch nichts.

Reichen werden diese Plätze nicht. Die Verwaltungsspitze geht davon aus, dass sie bis Ende 2017 Wohnraum für bis zu 4000 Menschen in Not schaffen muss. Das bedeutet, dass kein Stadtteil ausgenommen werden kann.

Am Montag, 2. November, 18 Uhr, wird es im Musberger Bürgersaal eine Informationsveranstaltung geben. An diesem Abend dürften die Emotionen hochkochen. Darauf lassen die Befürchtungen schließen, die am Dienstag in die Öffentlichkeit getragen wurden.

Angst vor einem Getto

Einige Bürger haben offenbar Angst, dass in Musberg eine Art Getto entsteht. Dazu sagte Oberbürgermeister Roland Klenk: „Es ist sicher notwendig, dass die Menschen, die dort wohnen, eine soziale Betreuung erhalten.“ Es gebe in der Stadt Gott sei Dank sehr viele Ehrenamtliche, die sich kümmern wollen. Aber auch sozialpädagogische Arbeit sei gefragt.

Musberger befürchten zudem, dass sich durch die Zuwanderung auch die Situation in den Kindergärten und Schulen verschlechtert. Die Verwaltungsspitze rechnet derzeit mit 150 Kindern zwischen drei und sechs Jahren, für die bis Ende 2017 zusätzliche Kindergartenplätze geschaffen werden müssen. „Das ist eine riesige Aufgabe“, sagte Klenk.

Ein Bürger regte an, Flüchtlinge in leer stehenden Gebäuden, wie beispielsweise dem derzeit nicht genutzten Sonnenkinderhaus, unterzubringen. Klenk ließ zwar durchblicken, dass die Verwaltung für dieses Gebäude andere Pläne hat. Er sagte aber zu, den Vorschlag zu prüfen. Die Stadt will auch als eine Art Zwischenmieter auftreten, um den Zuwanderern ein Dach über dem Kopf zu bieten. „Das ist eine weitere Maßnahme“, sagte der Rathauschef.

OB will Gewerbesteuer moderat anheben

Der OB erneuerte zudem seine Ankündigung, die Gewerbesteuer und die Grundsteuer B moderat anheben zu wollen, um die enormen Investitionen, die auf die Stadt aufgrund der Flüchtlingswelle zukommen, abfedern zu können. Die Fraktionen sagten aus gleichem Grund an diesem Abend einhellig Ja zur Aufnahme eines zinslosen Förderdarlehens in Höhe von 1, 4 Millionen Euro.

Der Kreis hat mittlerweile auf dem Echterdinger Renault-Gelände 50 Flüchtlinge untergebracht, deren Asylverfahren noch laufen. Weitere 50 werden in den nächsten Tagen in der Notunterkunft erwartet.