Neue Führungsstruktur im Klinikverbund Ein Manager, der auch noch Ahnung hat
Ein spannendes Projekt: Ein Arzt will die Leonberger Klinik fit für die Zukunft machen.
Ein spannendes Projekt: Ein Arzt will die Leonberger Klinik fit für die Zukunft machen.
Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht von der Krise im deutschen Medizinsystem die Rede ist. In den meisten Kliniken wachsen die Defizite, Personal fehlt, das vorhandene ist überlastet. Bei den praktizierenden Ärzten sieht es oft nicht besser aus: Jenseits einer akuten Notlage einen Termin zu bekommen, erinnert bisweilen an ein Lotteriespiel.
Ob die viel diskutierte Reform des Gesundheitsministers Lauterbach die Kosten senkt und für die Patienten echte Verbesserungen bringt, ist in Fachkreisen umstritten. Viel größer ist die Befürchtung, dass wir uns immer mehr britischen Verhältnissen annähern. Auf der Insel hat jüngst eine Grippewelle die desolate Situation im Gesundheitswesen schonungslos offengelegt.
Beim Klinikverbund Südwest, einem der größten deutschen kommunalen Versorger, versucht man sich so gut es eben geht für die Zukunft zu rüsten. Der Neubau der Flugfeldklinik dürfte am Ende um die eine Milliarde Euro kosten. Roland Bernhard, der Landrat des Kreises Böblingen und einer der stärksten Treiber beim Flugfeldklinik-Projekt, verspricht dafür ein Haus auf dem Niveau einer Uniklinik.
Es ist müßig, darüber zu philosophieren, ob es zwischen Schwarzwald und Stuttgart eine weitere Mega-Klinik braucht, wo doch in der Landeshauptstadt mehrere Top-Krankenhäuser sind. Der Bau ist in vollem Gange. Immerhin ist in der Politik die Erkenntnis gereift, dass das Zerschlagen der medizinischen Nahversorgung ein Irrweg ist. Denn gerade Kranke und ältere Menschen sind oft nicht in der Lage mal eben 30 oder 40 Kilometer in ein Krankenhaus zu fahren. Und wenn, dann sind die Häuser in Stuttgart in der Regel besser zu erreichen.
Das ist mit ein Grund, warum das Krankenhaus in Leonberg – allen Zentralisierungs- und Sparüberlegungen zum Trotz – im Klinikverbund eine wichtige Rolle spielt. Hier können Patienten gehalten werden, die ansonsten in die Landeshauptstadt fahren würden. Das gilt nicht nur für die Behandlungen, sondern auch für Geburten.
Um im Laufe der kommenden fünf Jahre die angestrebte schwarze Null zu erreichen, setzt der Klinikverbund-Geschäftsführer Alexander Schmidtke jetzt auf eine neue Strategie: weg von der Zentralisierung, hin zu mehr Verantwortung vor Ort. Diese Erkenntnis ist nicht neu, kennen doch die unmittelbar Betroffenen die eigene Lage zumeist am besten. Was nicht bedeutet, dass der Blick von außen häufig gewisse über lange Zeit verfestigte Blockaden lösen kann.
In Leonberg wird nun der Versuch gestartet, die Faktoren Fachkompetenz, Außenansicht und Effizienz in Person von Dr. Michael Beier miteinander zu verbinden. Der Chef der Zentralen Notaufnahme ist knapp drei Jahre da. Er hat externe Erfahrung, weiß aber längst, wie das Leonberger Klinikum tickt. Er ist Mediziner und hat den Ehrgeiz, den komplexen Prozess der Strukturreform innerhalb des Hauses voranzutreiben.
Das ist sehr viel auf einmal. Doch dass ein Manager über fundiertes Fachwissen in seiner Branche verfügt, ist ein entscheidender Vorteil und längst nicht überall der Fall. Unter seiner Führung ist die Zahl der Notfallpatienten gestiegen. Davon profitiert auch die Unfallchirurgie. Das Darmzentrum und die Bauchchirurgie sind Aushängeschilder.
Gelingt es Beier, dieses medizinische Profil zu schärfen, die Personalsituation zu konsolidieren und die Wirtschaftlichkeit durch höhere Patientenzahlen zu verbessern, wird das Leonberger Krankenhaus auch in Zukunft eine leistungsstarke medizinische Anlaufstelle für viele Menschen sein.