Es ist bereits einige Jahrzehnte her, seitdem der ikonische Instant-Messenger-Dienst ICQ seinen Höhepunkt erlebt hat. Nun versucht sich das russische Investmentunternehmen Mail.ru an einem Relaunch der Plattform. Ist das neue ICQ gelungen?

Digital Desk: Sebastian Xanke (xan)

Moskau - ICQ möchte wieder bei den ganz Großen mitspielen. In der Nacht von Montag auf Dienstag hat das Investmentunternehmen Mail.ru aus Moskau einen Relaunch des ikonischen Instant-Messenger-Dienstes gestartet. Der neue Name der Plattform: ICQ New. Dabei liegt der Höhepunkt des Dienstes etwa 20 Jahre in der Vergangenheit. Trotzdem bezeichnet Mail.ru den Neustart als „Evolution der Kommunikation“. Was ist dran an dem Werbespruch?

 

Grundsätzlich ist nicht zu übersehen, dass sich das neu aufgelegte ICQ stark an WhatsApp orientieren, dabei jedoch etwas an Umfang zulegen möchte. So dürfte es einigen WhatsApp-Usern in Zeiten der Coronavirus-Pandemie negativ aufgestoßen sein, dass in Video-Anrufen seitens der App lediglich vier Teilnehmer erlaubt sind. ICQ New lässt hingegen bis zu 30 Menschen in Konferenzen zusammen kommen. Bahnbrechend ist das jedoch nicht. Andere Anwendungen, wie Skype oder Zoom, bieten ähnliche, wenn nicht sogar großzügigere Optionen.

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Neue Funktionen vereinfachen die Kommunikation

Auch andere Features, etwa die Möglichkeit, Chatgruppen von bis zu 10.000 Teilnehmern zu erstellen, klingen wenig revolutionär, geschweige denn notwendig. Spezielle Besonderheiten gibt es aber dann doch: ICQ New bietet zum Beispiel eine sogenannte Sprache-zu-Text-Funktion an, mit der Sprachnachrichten auf Wunsch automatisch in geschriebene Wörter transkribiert werden. Um auf Nachrichten zu reagieren, ploppen außerdem Standardantworten auf, die je nach Situation angepasst werden.

Hinzu kommt, dass es der Messenger-Dienst laut Chip.de zulässt, Fotos und Videos ohne Komprimierung zu verschicken. Wer bereits einmal versucht hat, Medien über WhatsApp zu versenden, wird wissen, dass die Qualität der versendeten Dateien nach dem Sendeprozess stark abnimmt. Bei ICQ New sollen diese Dateien nicht mehr verkleinert, sondern in Originalqualität übermittelt werden.

Probleme mit dem Datenschutz

Trotz des nostalgischen Relaunches samt neuer Funktionen ist es notwendig, einen Blick auf Mail.ru, das Besitzerunternehmen von ICQ, zu werfen. In Russland gilt die Investmentfirma zwar als bedeutender Anbieter und das Unternehmen betreut ICQ schon seit mehr als zehn Jahren, im Bereich Datenschutz sammelte Mail.ru in der Vergangenheit jedoch immer wieder verdächtige Meldungen.

2013 tauchte das Unternehmen sogar in den von Whistleblower Edward Snowden veröffentlichten Geheimdokumenten über die weltweite Überwachung westlicher Geheimdienste auf. Und auch in den darauffolgenden Jahren ließen Pressemeldungen immer wieder vermuten, dass Nachrichten in dem Messenger-Dienst nicht ausreichend vor Angriffen geschützt sind.

Im Netz tut das der guten Laune vieler User keinen Abbruch. Zu stark überwiegt die nostalgische Erinnerung an einer der bekanntesten Messenger-Diensten aller Zeiten.

ICQ New ist über ein Web-Interface oder Apps für Windows, MacOS, Android und iOS erhältlich. Bislang gibt es den Messenger-Dienst nur in russischer und englischer Sprachausgabe.