In Gerlingen öffnet Charalambos Maragos das Maraz. Der 35-jährige Gastronom ist bekannt in der Szene, mit seinem Vater betreibt er erfolgreich in Stuttgart das griechische Restaurant Retsinadiko. Und hier?

 
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Die Aufregung steigt und steigt. Auch wenn sich Charalambos Maragos in der Gastronomie bestens auskennt – was er in Gerlingen bei der Bücherei wagt, ist selbst für den erfahrenen 35-Jährigen Neuland: Er hat die Cafébar in der Schulstraße gepachtet, fast zwei Monate lang renoviert und eröffnet sie an diesem Samstag (17 Uhr) unter dem Namen Maraz. Die Räume standen leer, seitdem Carlos Dourado krankheitsbedingt das Weltcafé im vergangenen Oktober schloss, das er erst im Mai 2021 aufmachte.

Mit Charalambos Maragos haucht der seit 1998 sechste Pächter der Cafébar und damit auch dem Europaplatz wieder Leben ein. Der 35-Jährige sagt, ein eigener Gastrobetrieb sei immer wieder ein Thema gewesen. Bekannt in der Szene ist er jedenfalls: Im Jahr 1976 öffnet sein kürzlich verstorbener Großvater, der auch Charalambos Maragos hieß und Metzger war, in Stuttgart-Feuerbach das heutige griechische Restaurant Retsinadiko. Mittlerweile führen die Taverne erfolgreich der Sohn Lazaros Maragos und dessen Sohn – der sich nun mit dem Maraz einen Traum erfüllt. „Wir haben gesagt, wenn sich die Chance ergibt, dann ergreifen wir sie“, sagt Charalambos Maragos.

In der Cafébar das erste Date mit der Zukünftigen

Dem die Cafébar nicht fremd war, im Gegenteil. Nicht nur, dass der Gastronom von 2012 bis 2019 in Gerlingen lebte, ehe er mit seiner Familie in den Leonberger Stadtteil Eltingen zog, weil wegen Nachwuchses ein größeres Domizil nötig wurde. „Ich hatte vor zehn Jahren in der Bar mein erstes Date mit meiner Frau“, berichtet Charalambos Maragos und lacht – diesen Funfact, wie er ihn nennt, habe er auch beim Bewerbungsgespräch mit der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat erzählt. Überhaupt habe er die Lokalität immer sehr gern besucht.

Es war schließlich seine Frau, die mit der Tochter auf dem Weg zum Tanzkurs in Gerlingen entdeckte, dass die Stadt einen neuen Pächter für das Exlibris sucht. Das war anno 2020, nachdem die Bewerbungsfrist aber bereits abgelaufen war. Als die Stadt zwei Jahre später erneut einen Pächter braucht, „haben wir Nägel mit Köpfen gemacht“. Das Wort Maraz verbindet die ersten vier Buchstaben des Nachnamens mit einem Z für die Zahl zwei – er und sein Vater. „Er wird hier sicher auch mal helfen“, sagt Maragos.

Stühle selbst bezogen, Bücherregal aufgestellt

Der 35-Jährige möchte, dass die Gäste im Maraz mit innen rund 45 Plätzen gemütlich sitzen. Damit das gelingt, haben er und der Geschäftsführer Antonios Martinakis „viel Liebe und Zeit reingesteckt“, sogar die Stühle selbst bezogen, ein Bücherregal aufgestellt. Herausgekommen ist eine Cafébar im Dschungelstyle. Die Basis, sagt Charalambos Maragos, sind seine Lieblingsfarben Dunkelblau und dunkles Waldgrün. Inspiration habe er sich aus Griechenland geholt. Die warme, angenehme Atmosphäre mit viel Holz sei besonders fürs Abendgeschäft wichtig, meint der 35-Jährige. Vom klassischen Mittagstisch wolle er weg.

Noch fehlt dem Maraz jedoch ein Koch, der nach Maragos’ Vorstellungen Brunch-Gerichte und am Wochenende ein verlängertes Frühstück zaubert. Zunächst verkauft er deshalb unter anderem am Tag Kuchen und belegte Brote, am Abend Tapas, außerdem Kaffee, Weine, Cocktails. Seine Wurzeln verstecke er natürlich nicht, weshalb auch „ein bisschen griechischer Einfluss“ vorhanden sein wird, bei den Tapas – in Griechenland spricht man von Meze – und kalten Kaffeespezialitäten etwa. Grundsätzlich sei das Konzept aber international. Er werde auch schauen, was bei den Gästen ankommt.

Vom Essen soll möglichst wenig übrigbleiben

Vor allem mit Kaffee will der 35-Jährige künftig punkten und das Angebot ausbauen – Barista-Kurse hat er schon gemacht. Eine dritte Mühle soll zum Beispiel her, sobald sich der Betrieb eingependelt hat und Fairtrade-Kaffee. Fair gehandelte Produkte will er ebenso verwenden wie vegane, regionale und Bioprodukte, denn Charalambos Maragos arbeitet auch im Sinne der Nachhaltigkeit – zumal Gerlingen Fairtrade-Stadt ist und in der Cafébar Nachhaltigkeit fordert. Er setze auf Qualität statt Quantität, so Maragos, damit am Abend möglichst wenig Essen übrig bleibt. Überhaupt wolle er so wenig Müll wie möglich hinterlassen und Recup anbieten, ein Pfandsystem für Getränke zum Mitnehmen. „Von der Stadt für die Stadt“ lautet das Motto des Vaters von drei Töchtern. Damit meint er, dass er nicht nur nach Möglichkeit lokal einkaufen, sondern auch mit dem Team der Bücherei oder Vereinen zusammenarbeiten will. Veranstaltungen wie Verkostungen schweben ihm vor, Künstlern will er eine Plattform geben. „Sich gegenseitig zu unterstützen hilft doch allen“, findet er.

Charalambos Maragos bezeichnet die Gastronomie als „Herzensangelegenheit“. Diese Einstellung spüre der Kunde. Wichtig seien Kommunikation und Wertschätzung, egal ob im Restaurant oder in einer Cafébar. Dann nehme der Gast es einem auch nicht krumm, wenn er mal aufs Essen länger warten muss. „Gastronomie ist mein Ding, und dass Antonios und ich die meiste Zeit vor Ort sein werden, ist unsere Stärke“, sagt Charalambos Maragos – der sich als Frohnatur beschreibt, die gern redet und lacht. Von klein auf habe er im Restaurant der Familie mit angepackt, alle Bereiche kennengelernt, das Lokal sowie die Karte modernisiert. Nach der Hotelfachausbildung hat der 35-Jährige unter anderem als selbstständiger Kellner gearbeitet, später in Leitungsposition. Seit dem Jahr 2015 betreibt er die Taverne mit.

Sehnsüchtiges Warten auf die Eröffnung

Nun konzentriert er sich aufs Maraz, die „neue Herausforderung“. Wie er warten offenbar auch die Gerlinger sehnsüchtig auf die Eröffnung. Sie würden reinkommen oder durchs Fenster gucken, seitdem die Folien weg sind. „Die Leute sind schon sehr gespannt. Wir kriegen guten Zuspruch“, sagt Charalambos Maragos. Er hat auch draußen mit gut 70 Plätzen viel vor, will im Winter einen Weihnachtsmarkt etwa organisieren. „Es wird gut werden. Ich bin sehr glücklich.“