Die IG Metall plant eine Initiative für mehr Mitbestimmung. Damit will sie auch die große Koalition unter Druck setzen. Die neue Führung verkündet zudem einen weiteren Zuwachs auf 2,266 Millionen Mitglieder sowie Rekordeinnahmen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Frankfurt - IG-Metall-Chef Detlef Wetzel bewertet den Koalitionsvertrag „trotz einiger erfreulicher Punkte“ sehr kritisch: Es gebe darin „Lücken“ oder „zu wichtigen Fragen überhaupt keine Antwort“, sagte er in Frankfurt. Zwar wolle die Koalition den Missbrauch von Werkverträgen durch mehr Informationsrechte für Betriebsräte eindämmen, aber „das geht uns nicht weit genug“, betonte Wetzel. „Wir wollen echte Mitbestimmung über Zustimmungsverweigerungsrechte, ein Verbandsklagerecht und eine Generalunternehmenshaftung.“ Wer solle die Korrektheit eines Werkvertrags überprüfen, wenn nicht der Betriebsrat, so Wetzel. Zudem solle der Arbeitgeber statt des Beschäftigten nachweisen, dass der Arbeitsvertrag nicht in Ordnung sei.

 

Pläne zum Ausbau der Mitbestimmung suche man im Koalitionsvertrag vergebens. Die IG Metall will nun eine Initiative für mehr Mitbestimmung und Beteiligung in Betrieb und Gesellschaft anstoßen. Das Konzept werde bald mit allen diskutiert, die ein Interesse an mehr Demokratie hätten. „Wir haben nicht zu viel Mitbestimmung, sondern zu wenig“, mahnte Wetzel.

Das Ziel lautet: kein Betrieb ohne Betriebsrat

Hintergrund der Initiative sind offenbar auch die Betriebsratswahlen im Frühjahr. Diese „sind von herausragender Bedeutung für uns“, sagte der zweite Vorsitzende Jörg Hofmann. Im Organisationsbereich der Gewerkschaft sind 3,4 Millionen Beschäftigte zur Wahl aufgerufen. Bisher gehören drei von vier Betriebsräten der IG Metall an. Auch daher wolle man die Wahlbeteiligung mindestens auf dem Niveau von 2010 bei 73 Prozent halten, so Hofmann. Erstmals dürften auch Zeitarbeiter im Entleihbetrieb mitwählen. Vor vier Jahren seien 73 000 Betriebsräte in 11 000 Firmen gewählt worden – bei 15 000 von der IG Metall erfassten Einheiten. Allenfalls Klein- und Kleinstbetriebe hätten gar keine Arbeitnehmervertretung, dort gebe es Nachholbedarf. Immer wieder begegne man einem „starken Drohszenario“ auf Arbeitgeberseite, die Neugründungen verhindern wolle. „Unser langfristiges Ziel ist: kein Betrieb ohne Betriebsrat“, sagte der frühere Stuttgarter Bezirkschef.

Der „wichtigste Gradmesser für erfolgreiche Arbeit“ bleibt laut Wetzel die Mitgliederentwicklung. Da sei zum dritten Mal in Folge ein Aufwärtstrend erreicht worden. Unterm Strich gewann die IG Metall im Vorjahr 2000 Neuzugänge (plus 0,1 Prozent), so dass sie nun 2,266 Millionen Mitglieder hat. Zwar konnten insgesamt 110 000 neue Beitragszahler gewonnen werden, allerdings waren unter anderem auch 25 000 Todesfälle zu kompensieren. Künftig werde sich die Gewerkschaft weniger auf die Gesamtzahl konzentrieren, sondern „ein qualitatives Wachstum in den Fokus stellen“. Bei den betriebsangehörigen Mitgliedern – etwa kaufmännischen Angestellten, Ingenieuren oder technischem Personal – solle der Zuspruch deutlich gesteigert werden. Bei den Angestellten habe die IG Metall im vorigen Jahr schon ein Plus von 3,4 Prozent erzielt. Mit 150 000 technischen Experten sei man die größte gewerkschaftliche Ingenieursorganisation in Deutschland.

Rekordzahl bei der IG Metall Stuttgart

Die IG Metall Stuttgart verzeichnet für 2013 die bisher höchste Zahl an Neuzugängen in der Geschichte der Verwaltungsstelle. „Wir führen mit 7000 Neuaufnahmen den bundesweiten Trend an“, sagte der erste Bevollmächtigte Uwe Meinhardt. Nunmehr sind in Stuttgart 74 097 Metaller organisiert (plus 2,5 Prozent).

In der Tarifpolitik will die IG Metall im ersten Halbjahr mit Gesamtmetall die bereits 2012 vereinbarten Sondierungsgespräche weiterführen, „um gemeinsame Sichtweisen und Tarifthemen auszuloten“, wie Hofmann sagte. Dabei kann es um die demografische Entwicklung oder Details der Arbeitszeit gehen. Parallel dazu werden die regionalen Tarifkommissionen beraten, welche qualitativen Forderungen in der nächsten Tarifrunde eine Rolle spielen sollen. Laut Hofmann zeichnet sich die Weiterentwicklung flexibler Altersübergänge als ein Schwerpunkt ab. Der Entgelttarifvertrag läuft erst Ende 2014 aus.

Deutlich verstärken will die Gewerkschaft ihr europapolitisches Engagement. Dazu wird nach Berlin auch in Brüssel ein eigenes Büro eröffnet. Jede vierte Erwerbsperson unter 25 Jahren sei ohne Arbeit. „Die Zukunft Europas hängt von den Perspektiven der jungen Generation ab“, sagte Wetzel auch mit Blick auf die Europawahlen Ende Mai. „Wir werden die Zukunft der Jugend zum zentralen Thema machen.“