Erstmals gehören bei dieser Fußball-WM Unternehmen aus Fernost zu den Topsponsoren. Und das, obwohl China nicht beim Turnier mitspielt. Woher kommt das Interesse?

Moskau - Vor dem russischen Luschniki-Stadion in Moskau, im Schatten einer imposanten Lenin-Statue, stehen ein paar bunte Kunststoffkühe. Mongolische Kühe um genau zu sein, Tiere, die die Milch geben, mit deren Hilfe Lionel Messi eigentlich Weltmeister werden sollte. So haben es sich das jedenfalls die chinesischen Geschäftsleute ausgedacht, die ihre Produkte hier auf einer Art Messestand präsentieren: Mengniu heißt das Unternehmen, das zu den zwölf Topsponsoren der WM zählt. Hier kann man Eis, Joghurt und Milchprodukte mit Geschmacksrichtungen wie Käse-Mango erwerben, oberhalb der Verkaufstheke läuft in Endlosschleife ein Werbespot: Messi, der auf dem Rasen liegt, dessen Dribblings und Schüsse misslingen. Dann trinkt er Mengniu-Milch und verwandelt sich sogleich zurück in einen Superhelden. Die Zuschauer, die vorbeilaufen, kaufen trotzdem nichts. Milchprodukten, die es bislang nur in China gibt, fehlt irgendwie der emotionale Bezug zu dieser WM.

 

Chinesische Gelder füllen Fifa-Kassen

Und dennoch bezahlt Mengniu viel Geld, um dem Kreis der Premiumpartner des Weltverbandes Fifa angehören zu dürfen. Mit Wanda, Hisense und Vivo kommen noch drei weitere dieser Edelsponsoren aus China, dabei war die Nation nicht einmal für das Turnier qualifiziert. Wenn man jedoch etwas genauer hinsieht, ist das bevölkerungsreichste Land des Planeten erstaunlich präsent bei dieser WM. Nach Berechnungen des Nachrichtensenders Aljazeera spülen chinesische Firmen 835 Millionen Dollar der insgesamt auf 2,4 Milliarden Dollar geschätzten WM-Werbeeinnahmen in die Fifa-Kassen. „Vor zwei oder drei Jahren hätten chinesische Firmen wahrscheinlich nicht einmal die Chance bekommen, Fifa-Sponsor zu werden“, wird Wang Jianlin, Präsident des Immobilienriesen Wanda vom „Guardian“ zitiert: „Aber da einige westliche Firmen herausgefallen sind, bekamen wir die Chance.“

Das Interesse der Chinesen an dieser WM ist enorm. 43 000 Tickets wurden nach offiziellen Angaben von Chinesen gekauft, staatliche Medien berichten von 60 000 Landsleuten, die als WM-Touristen nach Russland reisten, russischen Zählungen zufolge sind es sogar 100 000. Zum Vergleich: 70 000 Tickets gingen nach Deutschland. Und bei den Gästen aus Fernost handelt es sich um Leute, die dem Idealbild der Fifa vom Fußballzuschauer sehr nahe kommen: freundlich, zurückhaltend, konsumfreudig. Chinesen seien im Fifa-Fanshop direkt am Roten Platz „vielleicht sogar die besten Kunden“, sagt eine Verkäuferin. Hier gibt es die offiziellen Merchandising-Produkte, die aus deutscher Perspektive eher peinlich wirken. Wer will sich hierzulande schon als Fifa-Fan in der Öffentlichkeit zeigen?

Präsident Xi Jinping plant schon den Titelgewinn

In China ist das Image des Verbandes noch ein anderes: Hier verkörpert die Organisation den strahlenden WM-Fußball. Nicht nur deshalb sieht die Fifa einen großen Teil der Fußballzukunft in China. Mit rund 1,3 Milliarden Einwohnern leben dort mehr Menschen als in Europa (750 Millionen) und Südamerika (420 Millionen) zusammen. Im Jahr 2022 werden nach Berechnungen der Unternehmensberater von McKinsey 76 Prozent der städtischen Bevölkerung zur Mittelschicht gehören. Präsident Xi Jinping plant angeblich eine Bewerbung um die Austragung des WM-Turniers 2030, den ersten Titelgewinn soll es 2050 geben. Und sogar wenn man sich die voraussichtlichen Startformationen in den bevorstehenden Viertelfinals ansieht, lassen sich dort kaum mehr Spieler aus der Bundesliga aufspüren als aus Chinas Eliteliga. Die drei Schweden Augustinson (Bremen), Forsberg (Leipzig), Ekdal (HSV), der Franzose Pavard (Stuttgart) sowie der Kroate Rebic (Frankfurt) stehen bei deutschen Clubs unter Vertrag, während Chinas League One durch die Belgier Axel Witsel und Yannick Carrasco vertreten wird, als Dritter könnte der Brasilianer Renato Augusto hinzukommen.