Die Obdachlosenhilfe im Kreis Ludwigsburg soll früher ansetzen. Ein Hilfsfonds der Europäischen Union fördert das Experiment großzügig.

Ludwigsburg - Man könnte denken, dass das, was die Wohnungslosenhilfe des Landkreises Ludwigsburg jetzt startet, ganz im Sinn des jüngsten Vorstoßes der SPD-Spitze ist – doch bitte über den Flüchtlingen nicht die Notleidenden im Land zu vergessen. Doch dem Präventionsprojekt für Menschen, denen die Obdachlosigkeit droht, liegt ein von der EU neu aufgelegter Hilfsfonds zugrunde. Dass er gerade jetzt startet, ist eher zufällig. Im Kreis Ludwigsburg wollen neben der Kreisstadt auch Kornwestheim, Korntal-Münchingen und Besigheim davon profitieren.

 

Informationen vom Amtsrichter

Auch wenn der Fonds neu sei, gehe es doch um ein im Grunde altes Problem, sagte Heinrich Knodel von der Wohnungslosenhilfe bei einer Vorstellung des Programms im Ludwigsburger Sozialausschuss: „Wir möchten erreichen, dass die Betroffenen ihre Wohnungen erst gar nicht verlieren.“ Sprich: die Hilfe sollte ansetzen, solange noch eine Chance besteht, die in Schwierigkeiten geratene Einzelperson oder Familie wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die Mittler sollten idealerweise ein Einvernehmen zwischen Vermieter und Mieter herstellen können.

Das klassische Obdachlosenklientel sei besonders schwierig, meint Knodel: „In der Regel ist es leider so, dass, wenn wir davon erfahren, das Kind meist schon in den Brunnen gefallen ist.“ Sobald eine Räumungsklage vorliege, sei die Situation meist nicht mehr zu retten. Darum hoffe er nun, dank der neu geschaffenen Stelle früher an die nötigen Informationen herankommen zu können. Etwa über Amtsgerichte oder das Jobcenter. „Je früher wir von solchen Fällen mit ungesicherten Verhältnissen erfahren, desto mehr Möglichkeiten haben wir, die Probleme doch noch zu lösen“, sagte Knodel.

In Bezug auf die Obdachlosigkeit seien die Zahlen in Ludwigsburg seit Jahren in etwa konstant, sagte Gerald Winkler, der Leiter des Fachbereichs Sicherheit und Ordnung. „Aktuell haben wir 149 Personen untergebracht.“ Die meisten davon in der Unterkunft am Riedle. Demnächst werde das neue Haus an der Teinacher Straße bezogen, mit dem die weggefallene Unterkunft an der Gänsfußallee ersetzt werden soll, sagte der Fachbereichsleiter.

„Verhalten optimistisch“

Die Obdachlosigkeit komme die Kommunen sehr viel teurer als jede Prävention, meinte Knodel. Zumal für die Betroffenen der Weg zurück in normale Wohnverhältnisse sehr viel schwieriger werde oder ganz versperrt sei, sobald sie einmal geräumt worden sind. Ganz zu schweigen von einer Rückkehr in die Arbeitswelt.

Auch wenn er persönlich „nur verhalten optimistisch“ sei, blicke er mit Spannung auf das Experiment des EU-Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen. Die Förderung ist auf drei Jahre befristet, die EU trägt rund 90 Prozent der Kosten von 302 600 Euro. Alle vier Kommunen müssen in dieser Zeit lediglich 15 000 Euro tragen – anteilig nach deren Größe. Der Erste Bürgermeister Konrad Seigfried sprach von einem „Glücksfall“. Für das Modell spreche, dass es die Probleme „nicht pauschalisiert, sondern differenziert“ angehe, sagte der SPD-Stadtrat Eberhard Daferner. „Aufsuchende Hilfe ist der richtige Weg“, sagte auch Hermann Dengel (FW).