Kleine Brötchen sind nicht sein Ding. In einem Podcast nennt Diess ehrgeizige Ziele in einem neuen Betätigungsfeld. Und er blickt auf seine Zeit bei VW zurück.

Automobilwirtschaft/Maschinenbau: Matthias Schmidt (mas)

Der frühere VW-Chef Herbert Diess hat große Pläne. „Ich würde gerne die Solar-Halbleiter-Industrie, die Photovoltaik, nach Europa zurückbringen“, sagt der 64-Jährige in einem am Donnerstag veröffentlichten Podcast von Gabor Steingart, dem Herausgeber des Onlinemediums „The Pioneer“. Solarenergie werde sich zur dominierenden Energieform der Zukunft entwickeln, meint Diess, „wir sollten dabei nicht zu 90 oder 100 Prozent von China oder den USA abhängig sein“.

 

Nach seinem Rauswurf als Vorstandsvorsitzender von VW im August 2022 sei er in seine Heimatstadt München zurückgezogen und habe sich gefragt: „Was macht man mit der Zeit und Energie, die man hat?“ Dabei denkt Diess offensichtlich, wie auch in seiner früheren Funktion, in großen Dimensionen: Europa müsse es schaffen, mindestens 25 Prozent seines Bedarfs an Solartechnik selbst herzustellen – das entspreche einer Produktionskapazität von 20 Gigawatt Leistung pro Jahr. Dafür seien 15 bis 20 Werke und Investitionen von zehn bis 20 Milliarden Euro nötig.

Diess ist sicher: Ohne Subventionen geht es nicht

Die industrielle Fertigung von Solarmodulen, bei der Deutschland einst zu den Pionieren gehörte, findet heute vor allem in China statt. Deutschland sei in Sachen Photovoltaik zu ungeduldig gewesen, meint Diess. „Jede Industrie braucht eine Hochlaufzeit, das ist wie bei der Elektromobilität“, sagt er. China hingegen habe es „mit hohen Subventionen“ geschafft, eine wettbewerbsfähige Industrie aufzubauen. Dennoch werde sie dort nach wie vor staatlich gefördert – wie auch in Indien und in den USA, wo über Steuervorteile sogar ein staatlicher Zuschuss von 20 Prozent erzielt werden könne. Auch in Europa brauche es Subventionen, wenn Produktionskapazitäten neu aufgebaut werden sollen.

Momentan gebe es keine Fertigungskapazitäten in Deutschland, aber Firmen, die den Fabriken die Ausrüstung liefern können, führt Diess aus. Er spreche derzeit „mit allen Playern in Europa“, aber auch mit chinesischen Firmen. Ob er dabei selbst im operativen Geschäft tätig werden wolle, sei aber noch offen.

Dass ein ehemaliger Automanager sich mit Solarenergie befasst, kommt nicht überraschend. Elektroautos fahren mit dem dezentral erzeugten Strom besonders günstig und klimafreundlich. Auch der ADAC sieht darin großes Entwicklungspotenzial und bietet seit Neuestem Gesamtpakete für die Installation von Photovoltaikanlagen an.

Mit seinem früheren Konzern befasst sich Diess nur noch gelegentlich, wie er sagt. Dabei verfolgt er wohlwollend das Wirken seines Nachfolgers Oliver Blume, der gleichzeitig auch Porsche führt. Er selbst müsse sich im Nachhinein vorwerfen, das Unternehmen vielleicht überfordert zu haben. Diess hatte bei VW in Wolfsburg den Strategieschwenk in Richtung Elektromobilität und Digitalisierung eingeleitet, war dann aber vor allem über Probleme mit der Softwaretochter Cariad gestolpert. „Olli Blume hat Tempo rausgenommen. Das ist wahrscheinlich sinnvoll, so lässt sich schneller mehr erreichen“, sagt Diess. Sein Blick auf die frühere Wirkungsstätte heute: „ Die Strategie ist gut, VW macht es gut.“