Die scheidende Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen wird neue Präsidentin der EU-Kommission. Im Europäischen Parlament erreicht sie neun Stimmen mehr als unbedingt nötig. CSU-Chef Söder nennt das Ergebnis „blamabel für die SPD“.

Brüssel - Als erste Frau führt Ursula von der Leyen künftig die Europäische Kommission. Nach einer engagierten Rede wurde die CDU-Politikerin am Dienstag im Europa-Parlament allerdings nur mit einer knappen Mehrheit zur Nachfolgerin von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gewählt. Von der Leyen erhielt 383 Stimmen, sie lag damit lediglich neun Stimmen über der erforderlichen absoluten Mehrheit der 747 Abgeordneten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte von der Leyen eine „überzeugte und überzeugende Europäerin“. Die 60-jährige Christdemokratin erhält vom 1. November an ein Mandat für fünf Jahre. Von ihrem bisherigen Amt als Bundesverteidigungsministerin will sie bereits am Mittwoch zurücktreten.

 

Von der Leyen macht viele Zuständnisse

Bis zuletzt hatte von der Leyen um Unterstützung geworben. In ihrer Rede vor dem Parlament machte sie Zusagen für ein klimaneutrales, soziales, geeintes Europa. Zudem setzte sie sich für Geschlechtergerechtigkeit und stärkere Rechte des Parlaments ein. Sicher war ihr die Unterstützung der konservativen EVP-Fraktion, der auch die Unionsabgeordneten angehören. Zudem erklärte vor der Abstimmung die Fraktion der Liberalen, sie zu unterstützen.

Seit 50 Jahren die erste Deutsche auf diesem Posten

Grüne und Linke lehnten von der Leyen ab. Trotz des Widerstands der 16 SPD-Abgeordneten dürften auch große Teile der sozialdemokratischen Fraktion für die CDU-Frau gestimmt haben. Im Europawahlkampf war von der Leyen nicht als Spitzenkandidatin angetreten. Eigentlich sollte der Kommissionspräsident aus dem Kreis der Spitzenkandidaten gewählt werden, von ihnen konnte sich aber keiner durchsetzen. Der EU-Rat nominierte daher die deutsche Ministerin. Die SPD lehnte dieses Verfahren ab und verweigerte von der Leyen ihre Stimmen. CDU und CSU warfen den Sozialdemokraten vor, somit die große Koalition im Bund zu belasten. „Das Ergebnis ist gut für Europa, toll für Deutschland und blamabel für die SPD“, sagte CSU-Chef Markus Söder den Wahlausgang. Die drei Übergangsvorsitzenden der SPD, Malu Dreyer, Thorsten Schäfer-Gümbel und Manuela Schwesig, erklärten nach der Wahl, von der Leyen könne nun ein Europa mitgestalten, das auf Zusammenhalt und Einigkeit setze. „Auf diesem Weg wird die SPD sie nach Kräften unterstützen.“ Mit dem Wahlsieg von der Leyens besetzt Deutschland erstmals seit mehr als 50 Jahren wieder den mächtigen Posten in Brüssel. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sprach von einem „historischen Tag“. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte, von der Leyen übernehme ihr Amt „in einer besonders herausfordernden Zeit, in der die Bedeutung der europäischen Einigung vielfach in Zweifel gezogen wird“.