Neue Kritik an ARD und ZDF Trauer um Queen auf allen Kanälen

Trauerfeier live: Die öffentlich-rechtlichen Sender übertragen auf vielen Kanälen. Foto: WDR, ZDF, Phoenix

ARD, ZDF und Phoenix haben am Montag zur gleichen Zeit stundenlang die Trauerfeier für Queen Elizabeth live übertragen. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner interpretiert dies als Beleg für durchaus vorhandenes Einsparpotenzial. Die drei öffentlich-rechtlichen Sender widersprechen.

Der Tod Königin Elizabeths II. hat auch hierzulande viele Menschen bewegt. Die ARD hat deshalb am Montag siebeneinhalb Stunden am Stück über die Trauerfeier berichtet. Die Übertragung hatte im Schnitt knapp drei Millionen Zuschauer (Marktanteil: knapp 30 Prozent), darunter auch viele junge Leute, die das „Erste“ sonst eher meiden. Die Sendestrecke wäre sicherlich auf eine noch viel höhere Quote gekommen, wenn sich das ZDF nicht zur gleichen Zeit demselben Thema gewidmet hätte. Hier schauten im Schnitt rund 2,5 Millionen Menschen zu; bis 18 Uhr stieg diese Zahl auf über 3,5 Millionen. Da auch der von ARD und ZDF gemeinsam betriebene Nachrichtenkanal Phoenix den ganzen Tag über die Beisetzungsfeierlichkeiten berichtet hat, ist die Queen über viele Stunden hinweg posthum in drei öffentlich-rechtlichen Programmen geehrt worden; das war aus Sicht von Bundesfinanzminister Christian Lindner eindeutig des Guten zu viel.

 

Ein Beispiel für Verschwendung?

Der FDP-Vorsitzende hatte sich mit Hinweis auf die hohen Gehälter in den Führungsetagen erst am Wochenende kritisch zu ARD und ZDF geäußert: „Ich bin gegen jede Neiddebatte, aber kein Intendant sollte mehr verdienen als der Bundeskanzler. Hier ist eine Selbstverpflichtung nötig, um mit dem Geld der Gebührenzahler sparsam umzugehen.“

Angesichts der ausführlichen Parallelberichterstattung legte Lindner, dessen Partei traditionell eine kritische Haltung zu den hohen Rundfunkgebühren hat, nun nach: Dass gleich drei beitragsfinanzierte Sender „mit jeweils eigenem Personal in London sind, belegt anschaulich, dass es erhebliches Einsparpotenzial gibt“, sagte er am Dienstag in einem Zeitungsinterview. Er fordert daher, den Rundfunkbeitrag einzufrieren, um die Menschen „in einer Zeit rapide steigender Preise“ zu entlasten. Die aktuelle Gebührenperiode endet 2024. Eine Deckelung des Beitrags von derzeit 18,36 Euro pro Monat sei nach Ansicht des FDP-Vorsitzenden ein Anreiz für die Anstalten, schlanker zu werden und sich auf ihren Kernauftrag zu konzentrieren: „Ich bin mir sicher, dass durch Kooperation hohe Summen gespart werden können, ohne dass sich dies am Programm negativ bemerkbar macht.“

Die Sender wehren sich

In Stellungnahmen zu Lindners Aussage merken ARD und ZDF übereinstimmend an, dass man sich bei der Übertragung „royaler Ereignisse“ seit Jahren abwechsele. Dies sei auch immer eingehalten worden, versichert ein Sprecher der ARD-Programmdirektion. Allerdings sei „der Tod von Queen Elizabeth II. ein Ereignis von so überragender journalistischer und zeithistorischer Bedeutung, dass in diesem einen Sonderfall eine Parallelübertragung stattfinden kann und sollte.“ Das große Publikumsinteresse wird als Bestätigung für diese Einschätzung gewertet. Allein die ARD-Sondersendung am Abend, „Abschied von der Queen – Beisetzung in Windsor“, hatte gut 4,7 Millionen Zuschauer.

Das ZDF rechtfertigt die ausführliche Übertragung ebenfalls mit der „historischen und politischen Bedeutung“ des Ereignisses und versichert ausdrücklich, dass der Tod Queen Elizabeths II. eine Ausnahme von der Absprache zwischen den beiden Sendern ARD und ZDF gewesen sei.

Ein Phoenix-Sprecher weist zudem darauf hin, dass der Sender keineswegs mit eigenem Personal in London gewesen sei, daher sei durch die Übertragung der Trauerfeierlichkeiten „kein personeller oder finanzieller Mehraufwand entstanden“. Phoenix habe ab circa 10.45 Uhr bis 18.00 Uhr über weite Strecken die ARD-Liveberichterstattung aus London übernommen. Darüber hinaus sei die politische Dimension im Vorfeld und im Nachgang mit einem Experten im Bonner Studio eingeordnet worden. Die Übertragung solcher Ereignisse von weltweitem Interesse gehöre außerdem zum originären Programmauftrag des Ereignissenders. Insgesamt hätten knapp 3,4 Millionen Zuschauer während der Liveübertragungen zu Phoenix geschaltet, das entspreche einem für Phoenix überdurchschnittlichen Marktanteil von 1,3 Prozent.

Schwieriger Zeitpunkt

Dennoch erfolgt Lindners Vorstoß aus Sicht von ARD und ZDF zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Gerade die ARD befindet sich derzeit ohnehin im Krisenmodus: Erst vor wenigen Wochen ist RBB-Intendantin Patricia Schlesinger zurückgetreten, weil ihr Gebührenverschwendung und Vetternwirtschaft vorgeworfen worden waren. Kurz darauf folgte ihre fristlose Entlassung; mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft. Weitere Vorwürfe gelten der Verquickung mit der Politik: Mitarbeiter von RBB, WDR, NDR und Deutschlandfunk beklagen, dass regelmäßig massiv Einfluss auf die Berichterstattung genommen werde.

Andauernde Kritik an ARD und ZDF

Vorwürfe
 ARD und ZDF geraten seit Jahrzehnten immer wieder in die Kritik. Zu den Dauervorwürfen gehören die Verschwendung von Gebührengeldern und das Versagen der Aufsichtsgremien. Regelmäßige Skandale wie zuletzt um den RBB oder die 2010 bekannt gewordene Unterschlagung von mindestens fünf Millionen Euro beim Kinderkanal schaden dem Image. Parteien fordern eine deutliche Reduzierung der Programme sowie auch mit Hinblick auf Kleinstsender (Radio Bremen, Saarländischer Rundfunk) eine erhebliche Verschlankung der ARD. Zu den Vorschlägen gehört zudem die Zusammenlegung deckungsgleicher Sender (Tagesschau24, ZDFinfo, Phoenix) sowie die Privatisierung des ZDF.

Kosten-Nutzen-Debatten
Moniert werden vor allem die exorbitant hohen Ausgaben für Sportrechte, zumal die Übertragungen etwa von Welt- und Europameisterschaften im Fußball oder Olympischen Spielen stundenlang das Programm blockierten.

Weitere Themen