Neue Kunst-Stationen im Robert-Bosch-Krankenhaus Von Reflexionen und wohltuenden Worten

Kunst an Decken und Wänden soll im Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart den Heilungsprozess bei Patienten fördern. Seit kurzem gibt es vier weitere Stationen.
Feuerbach - Stellt man sich Krankenhäuser vor, denkt man gemeinhin an lange, kahle Flure und sterile, weiße Zimmer. Im Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK) vertritt man aber den Standpunkt, dass geschickt gewählte und platzierte Kunst den Heilungsprozess fördert. Waren es von 1998 an wechselnde Ausstellungen, die man sich dazu ins Haus holte, entstand seit dem Jahr 2004 Kunst am Bau, die nun durch vier weitere Stationen ergänzt wurde.
Darunter befindet sich die Gestaltung der sogenannten Elternschule, Schulungs- und Beratungsräume für werdende und frisch gebackene Eltern: Der Stuttgarter Hannes Trüjen hat dafür eine umlaufende Landschaftssilhouette ersonnen, die auch auf der Glasfront weitergeführt wird. Ergänzt wird sie durch einen gemalten, mittels einer Trägerfolie aufgebrachten Erdball. Der wirkt freilich nur auf den ersten Blick wie unsere Erde – man blickt hier auf eine fremde Welt. Trüjen hat noch an anderer Stelle künstlerisch Spuren hinterlassen: auf den Decken der Überwachungseinheit für frühgeborene Babys. Auch hier ist seine Handschrift unverkennbar und der Betrachter reist mit ihm in unendliche Weiten.
Der Decke der Intensivstation hat sich der Schweizer Markus Weggenmann angenommen. Gegen einen zart farbigen Untergrund stellt er weiße Silhouetten von Blättern und Blüten und schafft so ein Gegengewicht zur sterilen Technik der Akutmedizin. Studien hätten ergeben, dass der stete Blick auf eine weiße Wand ohne jede optische Stimulation den Patienten belaste, erläutert Isabel Grüner, Kunstbeauftragte am RBK: Gerade auf der Intensivstation sei es wichtig, „die Patienten ins Hier und Jetzt zu begleiten“.
Kunst im Krankenhaus muss viele Maßgaben erfüllen
Allerdings muss Kunst im Krankenhaus viele Maßgaben erfüllen: Das fängt schon bei den verwendeten Materialien an – die Arbeiten müssen sich gut sauber halten lassen – bis hin zur Farbgebung: Je nach Station soll sie wahlweise belebend oder beruhigend wirken. Es versteht sich von selbst, dass auch der Bildinhalt den Betrachter positiv stimmen soll und dabei nicht zu konkret sein darf, damit man sich nicht schnell daran satt sieht. Ideal sind Themen, die bildnerische Räume öffnen und den Blick und damit die Gedanken schweifen lassen.
Wie im Konzept der Schweizerinnen Petra Eichler und Susanne Kessler, die als Künstlerinnen-Duo „sounds of silence“ firmieren: Herzstück ist ein aus spiegelnden Buchstaben zusammengesetztes Literaturzitat im Aufenthaltsbereich der Kardiologischen Überwachungsstation und Notaufnahmestation 3D. Darin beschreibt der französische Schriftsteller George Duhamel (1984 bis 1966) eine Wasserspiegelung, die zur Brücke wird – und lässt offen, ob real oder imaginär. Reflexionen finden sich entsprechend auch auf den Fotografien im Flur und in den aus spiegelnden Punkten zusammengesetzten Motiven über den Krankenbetten.
Um Kunst im Krankenhaus für jedermann erfahrbar zu machen, bietet Isabel Grüner in der Regel einmal wöchentlich eine öffentliche Führung an. Allerdings: Kunstwerke in sensiblen Bereichen wie der Intensivstation sind dabei nicht zugänglich. Dafür gibt es aber interessante Hintergründe zu Werken, wie dem 2010 realisierte Projekt des Hamburger Künstlers Rupprecht Matthies: Er hatte Patienten und Krankenhausmitarbeiter gebeten, ihm „wohltuende“ Wörter aufzuschreiben. 180 von ihnen kamen der Aufforderung nach und reichten Begriffe von „Frühlingswind“ und „Herzklopfen“ bis zu „Aufstehen“ und „Gottvertrauen“ ein. Die 40 schönsten davon zieren nun in Schönschrift die Passagen zu den Krankenstationen.
Info In der Regel finden dienstags von 14 Uhr an öffentliche Führungen zur Kunst im Robert-Bosch-Krankenhaus statt. Treffpunkt ist am Empfang nahe dem Haupteingang. Weitere Infos unter Telefon 81 01 30 09.
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