Die EU hat das Insekt als neuartiges Lebensmittel zugelassen. In Europa eher ungewöhnlich, ist das Essen von Insekten in vielen Teilen der Welt alltäglich.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Brüssel - Die Wanderheuschrecke landet auf Europas Speisekarte. Die EU-Kommission hat in diesen Tagen Locusta migratoria, so der lateinische Name, als neuartiges Lebensmittel genehmigt. Sie ist erst das zweite Insekt, dem diese für das Tier wohl eher zweifelhafte Ehre zuteil wird. Im Mai war der Gelbe Mehlwurm bereits nach strenger wissenschaftlicher Bewertung als „sicher“ eingestuft worden. Die Insekten werden in Zukunft in Form von gefrorenem, getrocknetem und pulverförmigem Material erhältlich sein und sollen als Snack oder als Zutat in einer Reihe von Lebensmitteln vermarktet werden.

 

Zwei Milliarden Menschen essen Insekten

Der Verkauf von essbaren Insekten ist in der EU bereits seit einigen Jahren geregelt, hat sich allerdings noch nicht zu einem wirklich durchschlagenden Trend entwickelt, obwohl mehrere Produkte auf dem Markt sind. Zu vielen Menschen in Europa scheint der Gedanke, eine Heuschrecke als Snack zu verzehren, eher abstoßend. In anderen Regionen der Welt ist das aber nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) durchaus alltäglich. Etwa zwei Milliarden Menschen äßen Insekten, heißt es in einem Bericht, von denen etwa 2000 genießbare Arten umherschwirren würden.

Insektenforscher Christian Borgemeister von der Universität Bonn vermutet hinter dieser Abneigung der Europäer, dass sich mit dem Sesshaftwerden der Menschen der Blick auf die Insekten geändert habe. Zu Zeiten der Jäger und Sammler seien sie durchaus Teil des Speiseplans gewesen, für einen sesshaften Bauern seien die kleinen Tiere vor allem Schädlinge, aber kein Nahrungsmittel mehr. Zudem seien in tropischen Ländern schlicht mehr Insekten zu finden, die auch verspeist werden können.

Das Essen von Insekten hat viele Vorteile

Die Verfechter von Insekten-Burgern und Mehlwurm-Snacks werden nicht müde, die Vorteile ihrer Produkte aufzuzählen. In der Aufzucht sind Insekten gegenüber der herkömmlichen Fleischproduktion klar im Vorteil. Die Tiere benötigen sehr wenig Platz, vermehren sich rasend schnell und sind dabei anspruchslos in der Aufzucht. Inzwischen wiegen auch zwei Argumente immer schwerer: Sie brauchen kaum Wasser und erzeugen wenig Treibhausgase. So würden für die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch rund 15 000 Liter Wasser und 16 Kilogramm Futter benötigt. Buffalowürmer verbrauchen dagegen nur einen Liter Wasser und zwei Kilogramm Futter. Zudem verursacht ein Rind bei der Zucht pro Kilogramm Körpermasse 100 Gramm Treibhausgase, Buffalowürmer dagegen nur ein Gramm. Natürlich fällt auch immer wieder das Argument der Versorgungssicherheit für bald neun Milliarden Menschen auf der Erde. Dem halten Wissenschaftler allerdings entgegen, dass es genügend Nahrung für alle gebe, die allerdings nur höchst ungerecht verteilt sei.

Kleine Warnhinweise vor dem Verzehr

Gezüchtet werden die Insekten schon jetzt in professionellen Anlagen auch in Europa, etwa in den Niederlanden oder Frankreich. Wie immer in der EU gibt es aber keine Freigabe ohne Einschränkungen. Die Leute sollten auf keinen Fall in der freien Wildbahn die Insekten von den Bäumen pflücken. Nicht alle der Tiere sind genießbar, stattdessen eventuell mit Pestiziden belastet oder von Parasiten befallen. Und auch ein weiterer kleiner Warnhinweis macht die Runde. Wer etwa auf Hausmilben allergisch reagiert, sollte sicherheitshalber auf den Insekten-Snack verzichten.

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