Neue Ludwigsburger zugeflogen Mäusebussarde erobern die Stadt
Eigentlich fühlen sie sich auf dem freien Feld und am Waldrand wohl. Doch seit einigen Wochen kreisen mehrere der Greifvögel über Ludwigsburger Oststadt.
Eigentlich fühlen sie sich auf dem freien Feld und am Waldrand wohl. Doch seit einigen Wochen kreisen mehrere der Greifvögel über Ludwigsburger Oststadt.
Seit Wochen ertönen im Bereich von Blühendem Barock, Bärenwiese und Altem Friedhof merkwürdige katzenartige Laute. Wer seinen Blick auf den Boden und ins Gebüsch richtet, entdeckt die Verursacher jedoch nicht. Die kreisen am Himmel oder sitzen in den Bäumen: Mäusebussarde haben ein neues Revier erobert. Und dadurch kommt es immer wieder zu überraschenden, nicht immer harmlosen Begegnungen.
Bärbel G. geht häufig mit ihrem kleinen Hund ins Blühende Barock. Vor Kurzem ist sie beim Spaziergang erschrocken. „Auf einem Baum neben der Treppe, die vom Märchengarteneingang zur Emichsburg führt, saß ein Mäusebussard. Der hat sich überhaupt nicht von uns stören lassen.“
Vor allem beim Alten Friedhof kreisen die Greifvögel seit geraumer Zeit am Himmel und stoßen die typischen Rufe aus. Meistens sind zu dritt unterwegs, und immer wieder scheuchen sie dabei kleinere Vögel auf. Die können zur Beute von Mäusebussarden gehören, in der Regel sind es jedoch, wie schon der Name sagt, Mäuse und auch Ratten.
Und die dürften auch der Grund dafür sein, warum die beeindruckenden Vögel praktisch mitten in Ludwigsburg zu finden sind, vermutet die Remsecker Nabu-Naturschutzwartin Carolin Zimmermann: „Im Blühenden Barock gibt’s viel Publikumsverkehr, sicher auch Futterstellen. Auch auf Friedhöfen sind heute ja Nüsse für Eichhörnchen, Sämereien für Meisen und so weiter normal. Und wo die sind, gibt’s immer auch Mäuse.“ Ratten gebe es in Ludwigsburg ohnehin, denn „wir Menschen essen viel ‚to go’ und lassen viel Reste übrig, die dann zu oft irgendwo rumliegen. Ein Paradies für die Kulturfolger.“ Sprich: die Tiere, die den Menschen in die Siedlungen und Behausungen folgen, weil sie sich dort vorteilhafte Lebensbedingungen erhoffen.
Auch wenn es auf den ersten Blick so scheinen mag: Übermäßig vermehrt haben sich die Mäusebussarde wohl nicht. Ursula Gericke, die Tierheimleiterin, sagt, übers Jahr würden etwa 30 verletzte Greifvögel abgegeben, das habe sich in den letzten Jahren nicht geändert. Bei einer Zählung anlässlich der Stunde der Gartenvögel wurden im letzten Jahr sogar 40 Prozent weniger Mäusebussarde entdeckt. Allerdings betont ein Experte im Landratsamt: „Bestandsveränderungen oder Verhaltensänderungen beziehungsweise Änderungen bei der Nahrungssuche lassen sich aus unsystematischen Einzelbeobachtungen nicht ableiten.“ Derzeit seien viele Tiere einfach auf dem Durchzug.
Das Trio beim Alten Friedhof fällt allerdings schon seit Wochen auf, scheint sich also dort oder in der Nähe häuslich niedergelassen zu haben. Möglich sei das, meint Carolin Zimmermann: „Sie könnten durchaus auch im Blüba oder auf größeren Friedhöfen brüten.“
Das jedoch könnte auch zu Problemen führen. In den vergangenen Jahren kam es im Landkreis Ludwigsburg immer wieder zu Scheinattacken durch Mäusebussarde, wenn diese ihre Brut bedroht sahen. Ein Ludwigsburger berichtet, er habe beim Joggen und Radfahren schon mehrfach unerfreuliche Begegnungen mit den Vögeln gehabt. Einmal sei einer sogar voller Wucht mit seinen Krallen gegen seinen Helm geschlagen. Seither meidet der Mann die Straße zwischen Freudental und Löchgau. Scheinattacken gab es aber auch zwischen Pleidelsheim und Mundelsheim, am Golfplatz Monrepos oder bei Kleiningersheim. Vereinzelt werden deshalb Warnschilder aufgestellt.
Fest steht, dass immer mehr Wildtiere die Städte erobern. Am Kaufland in der Friedrichstraße wurden bis vor einigen Jahren sogar Waldohreulen beobachtet, berichtet Zimmermann. Ob das nur am reichen Nahrungsangebot liegt? Ein anderer Blüba-Besucher hat da seine eigene Vermutung: „Früher sah man die Bussarde häufig in Oßweil, aber seit da so viel gebaut worden ist, suchen die sich die Grünflächen in der Stadt.“
Familie
Der Mäusebussard gehört zur Familie der Habichtartigen, deren häufigster Vertreter er ist. Er kommt fast in ganz Europa und bis nach Zentralasien vor. Zum Teil ist er auch ein Zugvogel, bei uns überwintert der Mäusebussard aber in der Regel.
Aussehen
Mäusebussarde sind 46 bis 58 Zentimeter groß und haben eine Flügelspannweite von bis zu 130 Zentimetern, manchmal auch mehr. Ihr eher braunes Gefieder kann unterschiedlich gefärbt sein.
Lebensraum und Nahrung Die Vögel leben meistens in Wald- und Wiesengebieten, gelten aber als sehr anpassungsfähig. Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus Mäusen und anderen kleinen Nagetieren, aber auch aus geschwächten oder verletzten größeren Tieren. Auch Aas, etwa von überfahrenen Tieren, steht auf dem Speisezettel.