Zweikampf der Drogeriemärkte: DM wächst fast zweistellig und holt damit den bisherigen Marktführer Schlecker ein.

Karlsruhe - Als die Frage auf Schlecker kommt, hat Erich Harsch am Donneratag größte Mühe seine Mundwinkel im Zaum zu halten. Ein Grinsen huscht bei der Bilanzpressekonferenz in Karlsruhe über das Gesicht des Vorsitzenden der DM-Geschäftsführung. Die veränderten Gesichtszüge haben ihren Grund: Was vor einigen Jahren noch unvorstellbar war, dürfte jetzt eingetreten sein. DM, sehr lange Zeit mit gehörigem Umsatz-Abstand als Nummer zwei agierende Drogeriekette, hat Schlecker wohl endgültig eingeholt.

 

Während DM am Donnerstag erneut deutliche Zuwächse im Geschäftsjahr 2010/11 (30. September) vermeldete, gehen Konsumforscher davon aus, dass Schlecker in seinem Geschäftsjahr (30. Dezember) mindestens zehn Prozent an Umsatz eingebüßt haben wird. 2010 vermeldete Schlecker einen Umsatz von 6,5 Milliarden Euro. Demnach würden die Ehinger in diesem Jahr unter sechs Milliarden Euro fallen, während DM erstmals in der Firmengeschichte mehr als sechs Milliarden Euro Umsatz ausweist. DM wäre damit erstmals der größte deutsche Drogeriemarkt. Der 49-Jährige strahlt über das ganze Gesicht. „Ich bin jetzt seit 30 Jahren bei DM – ich wäre doch kein Mensch, wenn mich das nicht freuen würde“, sagt er.

Genau 6,17 Milliarden Euro hat DM 2010/11 eingenommen. 4,49 Milliarden Euro wurden in den Filialen in Deutschland abkassiert. „Im Bundesgebiet sind wir um 10,1 Prozent gewachsen, erwartet hatten wir nur sechs Prozent“, berichtete Harsch. Rund die Hälfte des Wachstums wurde auf bestehender Fläche erzielt, die andere Hälfte geht auf zusätzlich eröffnete Märkte zurück, in Deutschland waren das 71 neu hinzugekommene Filialen. Zum Ertrag äußert sich das Unternehmen nicht und berichtet stets nur von einer Umsatzrendite von „mindestens einem Prozent“. Demnach läge der Gewinn bei zumindest 62 Millionen Euro. Branchenkenner gehen von einer drei- bis vierfachen Überschussgröße aus.

Gemäßigte Expansion im Ausland

Etwas gemäßigter als im Inland entwickelt sich das Wachstum im Ausland. DM hat für seine internationale Expansion bisher ausschließlich Länder in Südosteuropa gewählt. So gibt es DM-Filialen in Österreich, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Bulgarien und Rumänien. Insgesamt 1,68 Milliarden Euro nahmen die Karlsruher in diesen Ländern ein, das sind 7,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Ausland schreibt DM noch nicht in allen Ländern schwarze Zahlen, was laut Harsch mit den gewöhnlichen Kosten einer Neuerschließung fremder Märkte zu tun hat . In Bulgarien und Rumänien ist DM noch keine fünf Jahre aktiv und betreibt erst wenige Dutzend Filialen.

Wachsen will DM auch im kommenden Geschäftsjahr, unter anderem durch neue Filialen. Allein in Deutschland seien 90 zusätzliche Läden geplant. Besonders in Norddeutschland, wo es früher einen Nichtangriffspakt mit Rossmann gegeben hat, gibt es noch viele weiße Flecken auf der DM-Landkarte. Mehr als 100 Millionen Euro wird das Unternehmen im Bundesgebiet in neue Filialen investieren, weitere 50 Millionen Euro im Ausland. Zudem eröffnet DM in Karlsruhe ein Verteilzentrum für Textilien. Neben klassischen Drogerieartikeln kaufen immer mehr Eltern auch Kinderkleidung bei DM. Zuletzt lag der Umsatz in diesem Randbereich bei 50 Millionen Euro. Das angestrebte Gesamtwachstum für 2011/12 taxiert Harsch mit sieben Prozent. Dazu beitragen könnte auch der Internet-Handel. Seit wenigen Wochen verkauft der Online-Versandhändler Amazon DM-Artikel. „Unsere bescheidenen Erwartungen haben sich in diesem Bereich bisher erfüllt“, sagt Harsch. Genaue Zahlen wollte er nicht verraten. DM-Wettbewerber Schlecker betreibt seit vielen Jahren einen eigenen Online-Versand. Harsch lehnt dies ab und spöttelt Richtung Ehingen: „Wir werden keine Staubsauger und ähnliches auf unserer Startseite anbieten.“