Im Bürgerzentrum müssen Anke Kamuf und Markus Piotrowski den Balanceakt zwischen Restaurant und Großveranstaltung meistern. Nicht nur beim Zwiebelrostbraten gelingt es, findet unsere Testesserin Kathrin Haasis.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Der Spielraum im Waiblinger Bürgerzentrum ist begrenzt. Maultaschen müssen auf der Karte stehen, Zwiebelrostbraten und Spätzle. So hat es sich die Kreisstadt gewünscht, so wünschen es sich die Stammgäste, und so hat es Michael Herbst fast 20 Jahre lang geboten. Seine Nachfolger, das Ehepaar Anke Kamuf und Markus Piotrowski, fügen sich den Anforderungen in den Remsstuben. Aber der Pächterwechsel fällt bei der Lektüre der Speisekarte trotzdem gleich auf: Der neue Küchenchef nennt – zur Verwirrung und Belustigung vieler Gäste – seinen Salat lieber Laub.

 

Die Speisekarte besteht aus zwei Seiten in den Remsstuben

Aber wer die Übersetzung schafft, findet sich schnell zurecht. Denn auf einer Seite bieten Kamuf und Piotrowski schwäbische Klassiker und auf einer zweiten Gerichte, die über das Bodenständige hinausgehen. Die beiden scheinen wie geschaffen zu sein für den neuen Job: Er sammelte Erfahrung in Sterne-Restaurants, gemeinsam verantworteten sie die Verpflegung bei Mahle und wuppten beim vergangenen Volksfest die Küche eines Festzeltes mit 8000 Essen täglich. „Es läuft gut“, sagt Anke Kamuf über das Bürgerzentrum, das ebenfalls ein gastronomisches Großunternehmen ist.

Statt auf Flädlesuppe (6,20 Euro) zu setzen, lohnt es sich wirklich, die weiße Tomatenessenz (6,90 Euro) zu probieren: Sie ist erfrischend fruchtig und gleichzeitig wunderbar cremig. Beim Feldsalat mit Kräuterseitling und Rosmarin-Baguette gelingt es Markus Piotrowski, den Pilz auf den Punkt zu braten, ohne dass er zäh wird. Beim Baguette sorgt allerdings Petersilie für die Kräuternote, und der Salat schwimmt fast in der Soße. Etwas zu gut meint es der Koch auch beim Zwiebelrostbraten (27,90 Euro) mit dem Trollingersößle, aber das Fleisch ist derart zart, leicht rosa und saftig, dass alles verziehen wird, und auch die Bratkartoffeln überzeugen. An ein Bett aus Rahmsauerkraut lehnt sich der leicht mehlierte, gebratene Zander (25,50 Euro), der dem gehaltvollen Gemüse gut Paroli bieten kann. Mit Kartoffeln und viel Sahne ist das Gericht ein Sattmacher par excellence. Die Pannacotta wäre wirklich nicht mehr nötig gewesen, ist mit einem lauwarmen Pflaumenkompott aber das cremige Tüpfelchen auf dem i.

Die Wiederholung von Zutaten gehört zum Konzept

Neben ungewöhnlichen Bezeichnungen für Salat gehört auch die Wiederholung zum Stil von Markus Piotrowski: Kirschtomaten tauchen in jedem Gericht auf, Krabbenchips als Dekoration oder das Petersilienpesto. Das macht das große Unternehmen kalkulierbar. Dazu gibt es die Weine von der Kellerei Kern, zum Beispiel einen lebhaften Weißburgunder (6,50 Euro für 0,2 Liter), oder eine sehr gute Empfehlung des Kellners aus seiner Heimat Italien (Primitivo, 7,20 Euro). Der Service hat die Tische in dem weitläufigen Restaurant stets im Blick.

Remsstuben, Bürgerzentrum, An der Talaue 4, Waiblingen, Telefon 0 71 51 / 20 53 70. Geöffnet montags bis samstags von 11.30 bis 22 Uhr, sonntags 11.30 bis 15 Uhr. remsstuben.com Bewertung

Küche 4 SterneService 4 SterneAtmosphäre 3 Sterne