1000 Euro sollen Langzeitarbeitslose bekommen, wenn sie erfolgreich einen Job annehmen. So lautet der Plan der Bundesregierung. Die Chefin der Bundesagentur für Arbeit reagiert mit Kopfschütteln.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Viel Kritik an neuen Anreizen für Arbeitslos: Die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, kritisiert den Plan der Bundesregierung, Langzeitarbeitslosen bei erfolgreicher Arbeitsaufnahme ein „Einstiegsgeld“ von 1000 Euro zu zahlen. „Wir brauchen diese Prämie nicht, um unsere Arbeit zu machen. Was wir brauchen, ist, dass die Politik uns in Ruhe arbeiten lässt“, sagte die frühere SPD-Vorsitzende der „Wirtschaftswoche“. Auch in der SPD gibt es erhebliche Vorbehalte gegen das Vorhaben.

 

Wirtschaftsminister Robert Habeck verteidigte das Vorhaben. „Die vielen, die sagen: ‚Das bringt’ - das sind die Wirtschafts- und Arbeitswissenschaftler, auch die konservativen“, sagte der Grünen-Politiker am Mittwochabend in der Sendung „RTL Direkt“. „Alle sagen, dass wir damit die Arbeitslosigkeit um rund 100.000 Menschen senken können.“ Das Konzept werde funktionieren, es sei pragmatisch und praktisch.

Arbeitslose: Wer bekommt 1000 Euro?

Das Kabinett hatte vergangene Woche verschärfte Regeln für Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld beschlossen. Sie müssen künftig mit höheren Sanktionen rechnen, wenn sie eine Arbeit ablehnen. Zugleich sollen Langzeitarbeitslose, die länger als zwölf Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, einmalig 1000 Euro erhalten. Die Regelung soll am 1. Januar 2025 in Kraft treten.

In den Reihen der Ampel-Koalition gibt es seit längerem Kritik an dem Vorhaben. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich am Dienstagabend skeptisch zur Wirksamkeit der Pläne. Die geplante Prämie nütze „vielleicht nicht“, sagte er in der Sendung „RTL Direkt“. „Aber sie schadet auch nicht.“

Scholz, Heil und Nahles bei einer Gesprächsrunde zum „Jobturbo“. Foto: www.imago-images.de/IMAGO/Chris Emil Janssen

1000 Euro Prämie für Arbeitslose: Was aus Nahles Sicht wirklich wichtig wäre

Nahles warnt vor einer Zuspitzung der Lage auf dem Arbeitsmarkt. „Wir erleben momentan, dass einerseits die Beschäftigung wächst und andererseits die Zahl der Jobsuchenden steigt. Es gibt immer noch Branchen, die wachsen. Aber wir haben in einigen Sektoren auch Rezession. Da geht strukturell eine Schere auf“, sagte sie. In der Gesamtwirtschaft seien in den vergangenen zehn Jahren 15 Prozent mehr Jobs entstanden, im verarbeitenden Gewerbe aber nur knapp zwei Prozent. „Da verschiebt sich etwas.“

Nahles rief die Ampel-Koalition zum Handeln auf. Gerade die verarbeitende Industrie sei zentral für Deutschlands Exportmodell und für Innovationen. „Insoweit wäre es sehr gut, wenn die Bundesregierung bald eine gemeinsame industriepolitische Strategie fände. Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht will ich sagen: Wenn es dringenden Handlungsbedarf gibt, dann dort.“

Während in der Pflege- und Krankenversicherung 2025 höhere Beiträge drohen, will die Bundesagentur den Satz der Arbeitslosenversicherung laut Nahles stabil halten. „Eine Beitragserhöhung ist Stand heute nicht nötig. Steigende Beiträge würden in einer wirtschaftlichen Krise prozyklisch wirken. Das wollen wir vermeiden“, sagte die BA-Chefin.