In den nächsten Monaten tauscht die Bahn 87 ihrer 147 Züge aus – es ist der größte Austausch von Fahrzeugen in der Geschichte der S-Bahn in der Region Stuttgart: Am Donnerstag haben die zwei ersten Fahrzeuge der neuen Baureihe ihren Dienst aufgenommen.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Endlich sind sie da: Mit einer Verspätung von rund einem Jahr haben sich die ersten beiden neuen S-Bahnen der Baureihe 430 zu ihrer Jungfernfahrt von Plochingen nach Böblingen aufgemacht. Unter die ganz normalen Fahrgäste hatten sich zur Abfahrt um 15.23 Uhr stolz auch die Vertreter der DB Regio und des Verbands Region Stuttgart gemischt. Tatsächlich beginnt jetzt der größte Austausch von Fahrzeugen in der Geschichte der S-Bahn in der Region Stuttgart. 87 von 147 Fahrzeuge, mithin 60 Prozent, werden in den nächsten acht bis 14 Monaten erneuert. Zudem erhält die Region Stuttgart als erste in Deutschland die neue Zuggeneration. Die Bahn investiert dafür knapp eine halbe Milliarde Euro.

 

Die Fahrgäste dürfen sich alle auf mehr Komfort freuen, allerdings kommen nicht alle auf ihrer Linie in den Genuss der neuen Züge. Diese werden zu Beginn auf der S 1 verkehren und dann sukzessive auch auf der S 2 und der S 3 eingesetzt. Der genaue Zeitplan für den Austausch hängt von den Endabnahmen der Züge ab. Im Nordteil des S-Bahn-Netzes, also auf der S 4, der S 5 und der S 6, werden zumindest die alten Züge der Baureihe 420 ausgemustert und gegen die mittlere Generation 423 ersetzt, die derzeit auf den südlichen Linien laufen. Aus technischen und wirtschaftlichen Gründen sei eine solche Trennung notwendig, sagte Hans-Albrecht Krause, der Geschäftsführer der DB Regio Stuttgart.

Gläserne Trennwände: 70 Meter weit blicken

Im endgültigen Ausbaustadium werden also 87 Züge der neuen Reihe 430 und 60 Züge der älteren Reihe 423 in der Region unterwegs sein. Alle werden dann mit Kameras zur Aufzeichnung eventueller Straftaten ausgestattet sein; alle können per Klimaanlage im Sommer angenehme Temperaturen bieten. Besonders auffallend an den neuen Fahrzeugen ist ihre Offenheit: Da viele Abtrennungen mit Glas erfolgen, kann man über 70 Meter hinweg von einem Ende des Waggons zum anderen sehen. Auch wurden alle neuesten Standards für behindertengerechte Mobilität eingehalten. Es gibt wieder spezielle Sitze für gehbehinderte Fahrgäste. Ein automatisch ausfahrender Tritt soll den Menschen an den Türen den Ausstieg erleichtern. Acht Bildschirme zeigen den Fahrplan und Umsteigemöglichkeiten an, allerdings sind Verspätungen dort nicht berücksichtigt.

Auch ökologisch sind die Fahrzeuge auf dem neuesten Stand: Da die beim Bremsvorgang frei werdende Energie eingespeist wird, sinkt der Stromverbrauch der S-Bahn jährlich um 61 Millionen Kilowattstunden. Das ist die Strommenge, die 19 000 Haushalte im Jahr verbrauchen. Übrigens: die aussortierten Züge der Reihe 420 werden künftig in München, Frankfurt und im Ruhrgebiet fahren.

Die Bahn muss 23 Millionen Euro Strafzins zahlen

Die verspätete Lieferung war am Rande ein Thema. Jürgen Wurmthaler, der Verkehrsdirektor des Regionalverbandes, sah darin auch Gutes: Die Bahn müsse jetzt den maximalen Strafzins zahlen – rund 23 Millionen Euro. Dies ist genau der Betrag, den vier zusätzlich bestellte Züge kosten: „Wir bezahlen keinen einzigen Euro aus dem Etat“, so Wurmthaler.

Der DB-Regio-Chef Krause betonte, dass man diesen Betrag von der Herstellerfirma Bombardier zurückfordern wolle. Der Grund für die Verspätung – eigentlich hätten alle 87 Züge am 1. Juli 2013 fahren müssen – war laut Bahn das lange Zulassungsverfahren. Wurmthaler sagte: „Sollte sich die Auslieferung der Züge länger als bis Juni 2014 hinziehen, werden wir bei der Bahn wieder auf der Matte stehen.“