Farbe satt und Schüler, die mit entwerfen: Die vom Stuttgarter Büro Hammeskrause Architekten gebaute Schulmensa der Anne-Frank-Gemeinschaftsschule und der Heilbrunnenschule in Stuttgart-Möhringen schert aus faden Architekturroutinen aus.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Dieses Gebäude schlägt aus der Art. Keine der üblichen grauen Schachteln aus Beton. Sondern: Farbe satt. Kunterbunt ist die neue Mensa der Anne-Frank Gemeinschaftsschule und der Heilbrunnenschule in Stuttgart-Möhringen. Die Holzkonstruktion ist von beschichteten Aluminiumschindeln überzogen – die Farben Ginstergelb, Karminrot, Minzgrün und Pastelltürkis formen ein fröhliches Muster, das an eine sonnenbeschienene Blumenwiese erinnert. Die bunte Aluminiumhaut fügt Fassade und Dach zu einer Einheit – und gestattet der Mensa einen Auftritt mit Aplomb.

 

Der vom Stuttgarter Büro Hammeskrause Architekten geplante Bau fällt aber auch durch seine archetypische Form aus der Reihe: kein Flachdach, wie es die beiden Bestandsbauten aufweisen; die Anne-Frank-Schule, mit ihrer Waschbetonfassade und den holzgerahmten Fensterbändern ein typischer Vertreter der sechziger Jahre. Stattdessen haben die Architekten dem neuen Schulbaustein ein Satteldach aufgesetzt.

Eine einladende Geste

So machen sie den elementaren Zweck der Mensa sichtbar: „Hier werden Mahlzeiten eingenommen, Feste gefeiert, Schulrituale finden statt“, sagt der Architekt Nils Krause. Mit der traditionellen Dachform wie auch der ungewöhnlichen Fassade habe man die Mensa zudem als einendes Herz der beiden Schulen kennzeichnen wollen, so Krause.

Ging es bei dem Neubau nicht nur darum, die zu klein gewordene Mensa der Gemeinschaftsschule zu ersetzen und zugleich einen Veranstaltungssaal zu schaffen, sondern auch darum, die beiden sehr unterschiedlichen Schulen zu einer Einheit verknüpfen. Parallel zur Anne-Frank-Schule gelegen, bildet die Mensa nun den Auftakt und Abschluss des Campus zugleich; mit ihrer Orientierung in Richtung Osten bezieht sie die Heilbrunnenschule, ein sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit Förderschwerpunkt Lernen, mit ein. Mit seiner verglasten Giebel-Front öffnet sich das Gebäude zudem einladend zum Campus.

Dass dieser Mensabau anders daherkommt als andere schulische Speisestätten, die derzeit vermehrt errichtet werden, hat noch einen anderen Grund. Die Architekten haben Schülerinnen und Schüler in den Entwurfsprozess miteinbezogen. Sie veranstalteten mit zwölf Kindern mehrere Workshops, um das Farbkonzept zu entwickeln. Die Jungen und Mädchen schlugen eine von Farbtupfern übersäte Wiese vor und entwickelten daraus ein abstrahiertes Muster. „Dieses Vorgehen stellt ein Risiko dar, aber das ist Teil der Partizipation“, sagt Nils Krause. Dass womöglich selbst ernannte Architekturpuristen, die viel Farbe für etwas Anrüchiges halten, über den Möhringer Neubau die Nase rümpfen, haben die Planer in Kauf genommen.

Doch die Einbeziehung der Schüler dürfte einen erheblichen Teil zur Akzeptanz des Gebäudes und zur Identifikation der Schüler mit ihren Schulen beitragen. Dass es bislang keine Spuren von Vandalismus gibt, stützt diese These. Dieser partizipative Ansatz hat sich im Schulbau vielfach bewährt, ein herausragender Vertreter im Südwesten ist der Architekt Peter Hübner aus Neckartenzlingen. Ein gelber Linoleumboden und Kiefernholz prägen den Innenraum und geben der luftigen, stützenfreien Speisehalle, in der bis zu knapp 600 Essen in zwei Schichten an die Schüler ausgegeben werden, Ruhe und Solidität.

Partizipation verhindert Vandalismus

Geschickt platzierte Fenster stellen Blickbeziehungen etwa zum benachbarten Musiksaal oder zur Straßenseite her. Die Architekten haben in die Wände der Längsseiten eine umlaufende Sitzbank mit einer hohen Lehne integriert; die Bank überwindet die Glasfront und geht in den Außenbereich über.

Durch den großzügigen Dachüberstand an der Giebelseite entsteht so eine wettergeschützte Aufenthaltsgelegenheit im Freien. Bei Regen und Wind könnte daraus für manche Schülerin ein Lieblingsplatz werden.