Irgendwann sagte ein Ausbilder zu Bärbel Stolz, was sie noch brauche für ihr Darstellerinnentum: „Ändere deine Persönlichkeit.“ Er meinte das ernst. „Du bist zu nett, sei doch zickiger.“ Umsetzen konnte – oder wollte – sie den Rat des Dozenten jedenfalls nicht. Ihre Art von Rebellion sah so aus, dass sie ihre Abschlussarbeit über einen Satz von Jean-Louis Barrault schrieb: „Theater funktioniert nur durch Menschen, mit Menschen, für Menschen.“ Heute denkt sie, dass dieses Effizienzorientierte in ihr, der Unwille dagegen, andere mit Diskussionen von der Arbeit abzuhalten, vielleicht auch was mit der schwäbischen Prägung in ihr zu tun hat.

 

Wenn der Intendant Friedrich Schirmer es gewollt hätte, dann wäre aus der Berlinerin Bärbel Stolz vielleicht längst wieder eine Stuttgarterin geworden – und es gäbe keine Prenzlschwäbin. Doch aus dem Vorsprechen am Eckensee wurde kein Engagement. Wenn die Schauspielerin davon erzählt, dann nicht in einer Geschichte der Enttäuschung – im Gegenteil, es ist eine von der Liebe zum Spiel: Mit der strengen Schauspielerin Swetlana Schönfeldt probte sie damals die Lady Macbeth für den Termin. Sie sollte spielen, aber es war auf einmal so schwer, sich innerlich zu entblößen. „Ich stand da, und ich dachte, das zeig’ ich den Leuten jetzt nicht von mir.“ Sie traute sich doch. Das Sich-Überwinden, diese Drahtseilakte. „Das ist das, was an diesem Beruf süchtig macht“, sagt Bärbel Stolz. Wie passt da die Prenzlschwäbin rein? „Sie ist ja nur ein Teil meiner Arbeit.“ Ein Teil, der ihr etwas klargemacht hat: „Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich ankomme, wenn ich auf der Bühne Spaß habe.“

Eigenes Comedy-Programm

Nach ihrer Ausbildung spielte Bärbel Stolz unter anderem in den Fernsehserien „Verliebt in Berlin“ und „Türkisch für Anfänger“. Einfach abzuwarten, welche Angebote kommen würden, war schon damals nicht ihrs – lieber machte sie einfach. So entstand zum Beispiel 2009 ein Roman mit dem Titel „Dating Down“. Zu den ganz eigenen Projekten gehört auch der Spielfilm mit dem Titel „Marcel über den Dächern“ – Bärbel Stolz entwickelte und drehte ihn in der eigenen Wohnung zusammen mit ihrem Mann, ihrem Bruder und befreundeten Schauspielern. Einfach weil keiner mehr Lust hatte zu warten, ob von irgendwoher irgendwann mal Geld für einen Film kommt. Also machte das Team alles selber. „Die Oma hat das Kind gesittet, und bevor die Kollegen kamen, hab’ ich noch schnell die Klos geputzt, die Kostüme mit Febreze eingesprüht und Essen gemacht. Im vergangenen Jahr hatte der Film Premiere.“

Seit Neuestem steht neben Schauspielerin noch eine weitere Berufsbezeichnung auf Bärbel Stolz’ Website: Comedian. Denn vom 6. Oktober an steht sie als „Prenzlschwäbin“ mit einem eigenen Comedy-Programm live vor Publikum. Für diese Entscheidung hat sie Mut gebraucht. „Eigentlich dachte ich, ich bin das nicht“, sagt Stolz. Es war das Stuttgarter Publikum, das sie vom Gegenteil überzeugte. Zehn Minuten stand sie bei der Open Stage in der Rosenau auf der Bühne. Danach traute sie es sich zu. Nun wird sie den Leuten im Theaterhaus und danach in Tübingen, Esslingen, Heilbronn – und Berlin – aus ihrem prenzlschwäbischen Herzen erzählen: von der Notwendigkeit, bei Aufregung ins Dritte Auge zu schnaufen zum Beispiel. Das hilft gegen alles.