Wenn die Bücher aus der Stadtbibliothek in ihr neues Quartier umgezogen sind, wird es ruhig im Wilhelmspalais. Doch das soll nicht so bleiben.

Stuttgart - Noch immer pilgern alte und junge Leser tagtäglich zum Wilhelmspalais, um dort ausgeliehene Bücher zurückzugeben. Der Umzug der Stadtbücherei in ihr neues Domizil am Mailänder Platz ist in vollem Gange. Am 24.Oktober beginnt dort die mit Spannung erwartete neue Ära. Bereits am 1.Oktober wird das alte Stammhaus beim Charlottenplatz nach 46 Jahren geschlossen. Die Bücherei ist dann Vergangenheit. Doch was kommt danach? Steht der Bau auf lange Zeit leer?

 

Susanne Eisenmann, die Kulturbürgermeisterin, hat gegenüber der Stuttgarter Zeitung jetzt offenbart, was schon seit Wochen gemunkelt wurde: "Unser Wilhelmspalais soll nicht leer stehen, es bleibt ein kultureller Treffpunkt." Weil sich die Planungen für das neue Stadtmuseum um zwei Jahre verzögert hätten, man den künftigen Haus der Stadtgeschichte voraussichtlich erst 2016 eröffnen könne, werde es am Charlottenplatz eine Zwischennutzung geben: "Unser Konzept ist es, das Haus in den kommenden zwei Jahren, vom November 2011 bis zum Oktober 2013, an Interessierte zu vermieten." Diese Idee entspreche auch dem Willen des Gemeinderates - der allerdings müsse den konkreten Vorschlägen der Kulturverwaltung erst noch zustimmen.

Die Bauleute haben das Wort

Wenn der Ausschuss für Kultur und Medien, der das Stadtparlament fachlich berät, am 18. Oktober zusammentritt, möchte Susanne Eisenmann ihr Konzept darlegen. Doch so viel steht schon fest: im kommenden Monat haben zunächst die Bauleute das Wort. Die Substanz des im 19. Jahrhundert erbauten, im Krieg zerstörten und in den 1960er Jahren wiederaufgebauten, unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes muss gründlich untersucht werden, damit frühzeitig erkennbar wird, wo die möglichen Probleme für den geplanten Umbau liegen - Kostenpunkt 24 Millionen Euro. Für dieses Vorhaben gibt es nach wie vor eine große Mehrheit im Gemeinderat.

Wenn es bei der Untersuchung der Wände und Decken in Sachen Statik oder gar Asbest keine unliebsamen Überraschungen gibt, wird das Wilhelmspalais am 2.November seine Pforten erstmals für neue Nutzer öffnen: Die Kunstakademie will dort bis zum 23. November ihre Gesamtausstellung mit Arbeiten von Studenten zeigen. Anschließend, bis zum 7.Dezember, ist das Haus teilweise an die Plattform Design, Kunst und Mode, kurz "Dekumo", bereits vermietet.

Eintritt verlangen

Das allerdings ist erst der einigermaßen gesicherte Anfang. Die Kulturbürgermeisterin sagt: "Das Interesse, am Charlottenplatz Veranstaltungen zu machen, ist groß. Es reicht von Musik und Architektur über Lesen und Film bis hin zu Tanz und Theater." Allerdings sei dabei zweierlei zu beachten: "Wenn die Bücherei Ende September ausgezogen ist, verliert das Haus zunächst einmal sein Nutzungsrecht. Wir benötigen also ein neues, so schreiben es die Regularien für öffentliche Gebäude vor."

Susanne Eisenmann sagt auch klipp und klar: "Wir können das Wilhelmspalais nur vermieten, nicht kostenlos zur Verfügung stellen. Die nicht unerheblichen Nebenkosten müssen erwirtschaftet werden." Die Mietpreise schwankten, je nach dem Platzbedarf, zwischen 200 und 850 Euro pro Tag. Mit anderen Worten: die einzelnen Veranstalter werden wohl nicht umhinkommen, von ihren Besuchern angemessene Eintrittsgelder zu verlangen.

Trotz alledem, das Wilhelmspalais läuft nicht Gefahr, im Laufe der kommenden Jahre ein vergessener Ort zu werden. Das allein ist eine gute Nachricht.