Mithilfe von tierischen Zeitzeugen bringt eine neue Stadtführung Kindern spielerisch die Geschichte Herrenbergs näher. Auch der Regen schreckt die kleinen Entdecker und Gästeführerin Charlotte Tremmel nicht ab.

„Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur unpassende Kleidung“ – diesen Satz haben sich am Sonntagnachmittag mehr als zehn Kinder und ihre Eltern oder Großeltern zu Herzen genommen, um besondere Tiere, die in den Gassen der historischen Altstadt Herrenbergs beheimatet sind, zu entdecken. Sie gehen mit bei einer neuen Führung, die unter dem Motto „Wie kommt der Adler in die Stadt?“ steht.

 

„Ich dachte schon, ich bin in einem ganz kleinen Kreis unterwegs“, freut sich Gästeführerin Charlotte Tremmel, als die mit Regenschirmen und -jacken ausgestattete Gruppe auf dem Marktplatz doch größer wird als gedacht. In Herrenbergs guter Stube geht es los mit der Suche nach den ersten tierischen Zeitzeugen – die auch schnell erfolgreich ist: „Der Löwe da oben“, deutet einer der kleinen Stadtentdecker auf den steinernen Löwen, der prominent auf der Säule des Marktbrunnens auf den Hinterpfoten sitzt. Doch was hält er in seinen Pranken? Ein Wappen, das ist schnell geklärt. „Vor vielen 100 Jahren waren die Chefs andere“ – kein Oberbürgermeister wie heute, berichtet Charlotte Tremmel den Kindern von den württembergischen Herzögen, die aus Stuttgart gekommen waren. „Dieses Wappen war ihr Zeichen. Wenn man das gesehen hat, dann wusste man, wer in Herrenberg der Chef ist“, so die Stadtführerin weiter. Den Adler unten links und die Fische daneben auf dem geviertelten Wappen sind rasch als solche identifiziert, bei den Hirschstangen im Wappenfeld links oben und den Rauten daneben brauchen die Kinder dagegen ein paar Tipps. Insbesondere für die Erwachsenen in der Gruppe liefert Charlotte Tremmel dann auch die Erklärung zur Bedeutung der Wappenviertel: Die Hirschstangen stehen für das Haus Württemberg, die Rauten für die Burg Teck auf der Schwäbischen Alb. Der Adler erinnert daran, dass die Württemberger Träger der Reichssturmfahne des Heiligen Römischen Reichs waren, die Fische repräsentieren die lothringische Grafschaft Mömpelgard. „Gäbele, Gitterle, Vögele, Fisch – Du bisch“ lautet die Kurzversion als Auszählreim für Kinder.

„Kikeriki“ und das Röhren eines Hirschs

Weil Charlotte Tremmel, die im Hauptberuf eine Herrenberger Kita leitet, weiß, dass Kinder nicht nur zuhören wollen, hat sie Malunterlagen, Papier und Stifte im Gepäck: Als erstes zeichnen die Kinder auf ihrem persönlichen Erinnerungsbild einen Löwen. Zum Malatelier wird dafür kurzerhand der überdachte Eingangsbereich des Herrenberger Bürgeramts. Auch an den weiteren Stationen findet sich immer ein trockenes Plätzchen, um insgesamt sechs Tiere bildlich festzuhalten.

Ein kleines Lamm weist auf eine Gaststätte hin. /Ruess

Weiter geht es die Tübinger Straße hinunter bis zu der Stelle, wo sich an den gegenüberliegenden Häuserfassaden ein imposanter, geschmiedeter Adler und ein vergoldeter Hirsch begegnen: Angesichts der Wirtshausschilder an den beiden Gebäuden aus dem 17. Jahrhundert – die Hirschstuben gibt es noch, der Adler ist seit einigen Jahren geschlossen – stellt die Entdeckergruppe fest, dass das Röhren eines Hirsches gar nicht so einfach nachzumachen ist. Das fällt beim „Kikeriki“ für den Wetterhahn am nächsten Halt erheblich leichter. Schwerer ist es dagegen, diesen vergoldeten Dachreiter der Spitalkirche weit oben zwischen den Häusern zu entdecken.

Ein weiteres Wirtshausschild in der Schulstraße fällt dagegen wieder sofort ins Auge: ein goldenes Lamm, das bis heute den Weg in die gleichnamige Gaststätte weist. Richtig kniffelig wird es dann zum Abschluss der rund einstündigen Tour: ein Suchbild zeigt Charlotte Tremmel ihren großen und kleinen Gästen in Gestalt der Fassade des markanten Fachwerkhauses mit kleinem Eck-Erker am Place de Tarare: Dort ist eine kleine, nicht ganz leicht zu entdeckende Plakette mit einem Ziegenbock und dem Schriftzug „Bökle“ angebracht. Diese gibt dem „Haus Bökle“, benannt nach der einstigen Eigentümerfamilie, seinen bei vielen Herrenbergern bekannten Gebäudenamen.

Seifenblasen zum Finale

Charlotte Tremmel leitet eine Kita im Hauptberuf. /Ruess

Normalerweise würde die Entdeckertour am Marktplatz enden. Dieses Mal allerdings wartet auf die Kinder noch ein ganz besonderes Highlight. Zu Beginn der Tour hatte die Gruppe eine Bekannte Charlotte Tremmels getroffen. Diese wartet jetzt mit ihrem Seifenblasen-Equipment vor dem Haus Bökle auf die begeisterten Kinder – und ein paar Stadttauben, dieses Mal echte, gucken dem Finale der Tour von einem Dachfirst aus zu.

Auf der Homepage der Stadt unter: www.herrenberg.de/de/Stadtleben/Erlebnis-Herrenberg/Staunen-Erleben/Kostenfreie-Fuehrungen gibt es einen Flyer mit einem Überblick über die diesjährigen kostenfreien Führungen und Wanderungen in Herrenberg und der umliegenden Kulturlandschaft.