Das Land gibt Milliarden für die Wissenschaft. Die Duale Hochschule Baden-Württemberg profitiert davon am meisten. Viele der dortigen Stellen sind nun dauerhaft finanziert.

Stuttgart - Die Duale Hochschule profitiert am meisten vom neuen Hochschulfinanzierungsvertrag (HoFV). Das geht aus einer Aufstellung des Wissenschaftsministeriums über die Verteilung der neuen festen Stellen hervor, die der Stuttgarter Zeitung vorliegt. Insgesamt stehen 2217,7 Stellen für die Hochschulen neu im Doppelhaushalt 2015/16. Sie sind jedoch längst nicht alle neu. Sie sind jetzt nur dauerhaft finanziert. Allein 367 dieser Stellen gehen auf das Konto der Dualen Hochschule. Es folgt die Universität Tübingen mit 182,5 Stellen. Auf Stuttgart entfallen 151,5, auf Hohenheim 67,5 Stellen.

 

Die weitaus meisten Positionen sind in der Verwaltung. Bei der Dualen Hochschule waren bisher meist nicht einmal für die Lehrstuhlsekretariate Dauerstellen vorhanden. So werden 358 der 367 Stellen für die Verwaltung gebraucht. Über alle Hochschulen hinweg gibt es 630 wissenschaftliche Stellen und 1587 in der Verwaltung.

Etwas anders ist das Verhältnis an den Universitäten. Von den 182 Stellen, die für Tübingen ausgewiesen sind, entfallen 112 auf die Wissenschaft. An der Universität Stuttgart steht die Wissenschaft mit 90,5, die Verwaltung mit 61 Stellen zu Buche.

Das Ministerium will, dass die Hochschulen Spielräume nutzen

Die Finanzierungsvereinbarung läuft von 2015 bis 2020. Das Budget der 49 staatlichen Hochschulen im Land soll in dieser Zeit von jetzt 2,47 Milliarden Euro auf mehr als drei Milliarden steigen. Jedes Jahr wird die Grundfinanzierung um drei Prozent erhöht.Im Gegenzug erwartet das Ministerium, dass die Hochschulen „die mit der Erhöhung der Grundfinanzierung gewonnenen Spielräume für verlässliche Beschäftigungsbedingungen des wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Personals nutzen“. Bis zum Endes des Jahres 2015 sollen sie Selbstverpflichtungen zu befristeten Arbeitsverträgen abschließen. Verträge mit einer Laufzeit von unter zwei Jahren sollen demnach nur in begründeten Ausnahmefällen geschlossen werden, betont die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) in einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Landtagsfraktion. Daueraufgaben in der Verwaltung sollen unbefristet besetzt werden. Auch müssen die Hochschulen spätestens im Sommersemester 2016 ihre Personalverwaltungssysteme auf Vordermann bringen. Für jeden Beschäftigten müsse ersichtlich sein, wie lange, wie oft und warum dessen Verträge befristet wurden.

Edith Sitzmann, die Vorsitzende der Grünen-Fraktion, lobt, nun würden „faire Arbeitsverhältnisse an jeder einzelnen Hochschule zum Thema“. Das Land wolle die besten Rahmenbedingungen für exzellente Forschung und Lehre. „Das ist mit Kettenverträgen und Befristungen von wenigen Monaten schwer möglich“. Sitzmann begrüßt auch den Aufbau einer Datenbank zu den Arbeitsverhältnissen. „Bisher ähnelte Hochschulpolitik dem Steuern eines Tankers im Nebel“. Eine gute Datengrundlage sei „extrem wichtig, um zukünftige Fortschritte beurteilen zu können“.

Forschungsstellen können auch künftig nicht entfristet werden

Für die neun Universitäten hat die Rektorenkonferenz eine Richtlinie beschlossen, die die Gremien im Herbst absegnen sollen. Die 23 Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW, ehemals Fachhochschulen) haben ihre Selbstverpflichtungen bereits erstellt, sagt Bastian Kaiser, der Vorsitzende der HAW-Rektorenkonferenz. Es sei ja im Interesse der Hochschulen, dauerhafte Verträge anbieten zu können. Allerdings wurden manche Erwartungen nicht erfüllt. Die Anzahl der Stellen klinge „gigantisch“. Bis zum Jahr 2020 sollen es sogar 3800 Stellen sein. „Die Spielräume sind bei Weitem nicht so groß, wie die Zahlen suggerieren“, erläutert Kaiser. Die meisten Beschäftigten seien bereits an den Hochschulen. Nur waren ihre Stellen bisher eben nicht dauerhaft finanziert. Auch künftig werde es nicht möglich sein, Forschungsstellen, die aus Drittmitteln finanziert werden, zu entfristen. Allerdings soll sich die Befristung nach der Dauer der Drittmittel (häufig sechs Jahre) oder etwa der Dauer einer Promotion richten.

Ungemach könnte vom Bund drohen. Der will das Wissenschaftszeitvertragsgesetz ändern. Wissenschaftsnahe Tätigkeiten sollen dabei nicht mehr unter die längeren Befristungsregelungen der Wissenschaftler fallen. Das betrifft zum Beispiel auch das technische Personal bei Projekten in den Natur- und Ingenieurwissenschaften. Diese Verträge könnten dann auf zwei Jahre befristet werden. Das müsse abgewendet werden, verlangen Kaiser und Hans-Jochen Schiewer, der Vorsitzende der Unirektoren. Auch Eltern- und Pflegezeiten sollten bei Befristungen angerechnet werden. Die Rektoren hoffen auf die Ministerin. Theresia Bauer hält die „Effektivität der gesetzlichen Regelungen für begrenzt“. Die Gesetzgebung des Bundes könne lediglich „einen groben Rahmen bereitstellen“. Das Nähere regle der HoFV.

Die Details des Finanzierungsvertrags

Auf die neun Landesuniversitäten verteilen sich die neuen festen Stellen so: Tübingen 182,5; Freiburg 172; Heidelberg 154,5; Stuttgart 151,5; KIT 142; Mannheim 87, Hohenheim 67,5; Konstanz 61 und Ulm 41. An die sechs Pädagogischen Hochschulen gehen insgesamt 161 Stellen. Von den 23 Fachhochschulen erhält die HAW Heilbronn mit 69,5 Stellen die meisten. An die Musik- und Kunsthochschulen des Landes gehen insgesamt 16,5 Stellen. Der Hochschulfinanzierungsvertrag gilt seit dem 1. Januar 2015, er hat eine Laufzeit von sechs Jahren und ist der Nachfolger der beiden Solidarpakte für die Hochschulen. Das Land verpflichtet sich darin, die Grundfinanzierung der Hochschulen jährlich um drei Prozent anzuheben. So erhalten die Hochschulen mehr Spielräume und können Stellen entfristen