Die neue Hochwacht-Stipendiatin fühlt den Esslinger Kirchenmalereien auf den Zahn.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Die 25-jährige Friederike Fischer hat es geschafft: Sie wird die neue Hochwacht-Stipendiatin der Stadt Esslingen und der Heinz-Weiler-Stiftung werden. Vom 1. Mai an wird die Restauratorin aus Schwäbisch Gmünd in die Hochwacht einziehen, dem ehemaligen Wächterhaus, das auf den Zinnen der Esslinger Stadtmauer liegt.

 

Vor allem aber wird sie die Malereien in den Esslinger Kirchen der Altstadt erforschen. Ihr Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Frauenkirche. In dem riesigen Bau mit dem höchsten Kirchturm des Landkreises befindet sich hinter dem Chorgestühl, und deswegen so gut wie unsichtbar, ein Gemälde, das die sogenannte Alexius-Legende darstellt. Die Geschichte kommt in ihrer mittelalterlichen Form aus dem französischen Sprachraum. Darin geht es um einen frommen Asketen, der eine Karriere im römischen Reich ausschlägt, um sich ganz Christus zu weihen.

Wie ein Gemälde zum frommen Alexius ausgerechnet in die Frauenkirche kommt, die der Jungfrau Maria geweiht ist, das weiß man nicht. Diese Frage zu beantworten, obliegt auch eher den Kunstgeschichtlern. Friederike Fischer kommt ganz handwerklich von der Restauration her. Das heißt, sie schaut, in welcher Maltechnik das Bild gemacht wurde, welche Pigmente verwendet wurden, welcher Putz unter dem Bild aufgetragen wurde. In den Blick nehmen wird sie aber auch die anderen Kirchen der Altstadt. Gerade in der Franziskanerkirche gibt es noch viele wenig erforschte Malereien, etliches an mittelalterlichen Malkunst gibt es aber auch im Münster St. Paul und in der Stadtkirche St. Dionys zu sehen. Beinahe gänzlich ungehoben ist der Schatz, mit dem das Stadtarchiv Esslingen aufwartet. In der ehemaligen Bauhütte neben der Stadtkirche befindet sich im Untergeschoss, unzugänglich für die Öffentlichkeit, eine wenig bekannte sakrale Darstellung.

Friederike Fischer hat ihr Metier an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart gelernt. Wenige wissen, dass man sich hier nicht nur zum Künstler ausbilden lassen kann, sondern auch zum Restauratoren. Natürlich muss man lange Vorpraktiken machen, um die handwerklichen Fähigkeiten zu lernen. Da geht es viel um Chemie und um Werkstoffkunde, aber auch ein gutes Auge braucht man, um die Farben zu analysieren und zu verstehen.

Bereits während ihres Studiums hat sich Friederike Fischer an einer herausragenden Figurengruppe versucht. Im Heilig Kreuz Münster in Schwäbisch Gmünd gibt es eine Figurengruppe aus dem Jahr 1350, die das Heilige Grab darstellt. Dort half sie, Farbschichten zu erhalten und bröckelnden Stein zu reparieren. Wenn die 25-Jährige am 1. Mai in Esslingen anfängt, hat sie ein halbes Jahr Zeit, die Kirchenmalereien zu katalogisieren. Sie ist optimistisch, dass das in dieser Zeit zu schaffen ist.