Eine von Daimler und der Landesregierung finanzierte Untersuchung zu XXL-Lastwagen prognostiziert nur relativ geringe Einsparungen beim Verkehrsaufkommen und den Emissionen. Die bisher unveröffentlichte Untersuchung gilt als politisch brisant.
Berlin - Die umstrittenen 25-Meter-Laster, die seit Jahresbeginn im Regelbetrieb auf deutschen Straßen fahren, bringen dem Klimaschutz wenig. So lautet das vorläufige Fazit der Umweltstudie, die von der Landesregierung Baden-Württemberg und Daimler im Frühjahr 2015 gemeinsam beschlossen wurde. Demnach werden die Treibhausgase im Verkehr durch die Lang-Lkw, deren Zulassung Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) durchgesetzt hat, kaum nennenswert verringert.
In einer 15-seitigen Präsentation zur Studie, die dieser Zeitung vorliegt, kommen fünf Experten der Prognos AG (Düsseldorf) und der Thinkstep AG (Leinfelden-Echterdingen) zum Ergebnis, dass die 25-Meter-Laster im Jahr 2030 lediglich 165 000 Tonnen Kohlendioxid (CO2) einsparen werden. Verglichen mit den prognostizierten 144 Millionen Tonnen CO2, die der Straßenverkehr 2030 an Emissionen ausstoßen werde, seien die Einspareffekte durch Lang-Lkw „klein“, heißt es in der Studie.
Zündstoff für die politische Diskussion
Die bisher unveröffentlichte Untersuchung gilt als politisch brisant, da Grüne, SPD und Linke jahrelang auf Bundes- und Landesebene gegen die Zulassung der gut sechs Meter längeren Laster gekämpft haben. CDU und CSU erlaubten einen fünfjährigen „Feldversuch“ ab 2012, dem sich zunächst viele Bundesländer verweigerten, darunter auch Baden-Württemberg. Seit gut zwei Jahren fahren Lang-Lkw jedoch auch auf festgelegten Straßenabschnitten im Südwesten, obwohl die damalige grün-rote Landesregierung sogar im Koalitionsvertrag festgelegt hatte, nicht am bundesweiten Test teilzunehmen. Besonders Daimler hatte Druck gemacht und Strecken zu seinen Werken beantragt, die Regierung gab schließlich nach und einige Abschnitte frei. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) verlangte jedoch die Umweltstudie, mit der untersucht werden soll, ob die Riesenlaster im Vergleich zu herkömmlichen Lkw tatsächlich 25 Prozent Treibstoffe und Emissionen einsparen, wie vom Konzern behauptet.
Die Umwelteffekte wurden bereits im fünfjährigen bundesweiten Feldversuch untersucht. Im Abschlussbericht kam die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), die Minister Dobrindt unterstellt ist, vorigen Herbst zu einem positiven Fazit, wonach Lang-Lkw Sprit sparen, sicher seien und nichts gegen die Regelzulassung spreche. Kritische Punkte sind im Bericht schwer zu finden. Kritiker zweifeln an der Objektivität des BASt-Abschlussberichts, zumal sich lange Zeit nur 49 Transporteure mit gerade mal 121 Lang-Lkw am Feldversuch beteiligten.
Die Auftraggeber wünschen Laster mit 60 Tonnen Gewicht
Auch die neue Prognos-Studie stößt bei der Allianz pro Schiene, zu der zwei Dutzend Verkehrs- und Umweltorganisationen gehören, auf Skepsis. So gehe die Analyse davon aus, dass die derzeitige Gewicht-Beschränkung von höchstens 44 Tonnen für Lang-Lkw auch 2030 noch existiere, kritisiert der Experte der Allianz pro Schiene, Martin Roggermann. Technisch seien die Riesenlaster aber bereits für 60 Tonnen ausgelegt. In anderen Ländern wie Dänemark, Spanien und den Niederlanden sei dieses Gesamtgewicht schon erlaubt, in Schweden bereits 64 Tonnen und im dünn besiedelten Finnland sogar 76 Tonnen. „Der Druck auf die Politik wird wachsen, das volle Potenzial der Fahrzeuge auszunutzen“, befürchtet Roggermann. Tatsächlich forderten Wirtschaftsverbände und Unternehmen anfangs auch die Zulassung von 60-Tonnern. Unlängst beklagte einer der führenden Vertreter des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA), Gerhard Riemann, dass 60-Tonner kein Thema mehr seien.
Die Studie kostet knapp 200 000 Euro und wird von Daimler sowie der Landesanstalt für Umwelt und Naturschutz (LUBW) je hälftig bezahlt, wie die Landesregierung bestätigte. „Die Endfassung soll bis Ende August vorliegen und anschließend veröffentlicht werden“, sagte Edgar Neumann, Sprecher von Verkehrsminister Winfried Hermann. Kritik an fehlender Neutralität der Studie weisen das Ministerium und der Konzern zurück. „Beide Projektpartner legen bei der Finanzierung und Durchführung der Studie von Beginn hohen Wert auf Transparenz, Neutralität und Objektivität“, betont Daimler-Sprecher Florian Martens. So sei die Projektsteuerungsgruppe paritätisch besetzt, die Führung liege bei der LUBW, so Martens. Die Dekra sei als externer Prüfer eingesetzt worden; zudem gebe es einen unabhängigen Beirat.