Ludwigsburg ist an der Spitze, Stuttgart liegt gut und Esslingen eher im Mittelfeld – der Eigentümerverband Haus & Grund hat die Abwassergebühren in Deutschland verglichen. Die Spreizung ist gewaltig, und die Gründe dafür sind manchmal eigentümlich.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Über die Strompreise wird in Deutschland häufig diskutiert, auch über Gas und Öl. Eher wenig Beachtung finden die Gebühren fürs Abwasser, obwohl dafür je nach Haushaltsgröße schnell mehrere hundert Euro pro Jahr zusammenkommen. Der Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer (Haus & Grund) will das ändern – und hat jetzt erstmals ein Abwassergebührenranking erstellt, in dem die Preise in den hundert größten Städten Deutschlands verglichen wurden. Das Ergebnis ist für Ludwigsburg derart erfreulich, dass der Oberbürgermeister Werner Spec eigens zu einer Pressekonferenz mit dem Haus-und-Grund-Präsidenten Kai Warnecke einlud: die Barockstand landete auf Platz eins und liegt mit erheblichen Abstand vor den nachfolgenden Städten Heidelberg und Freiburg.

 

Dafür gab es nicht nur eine Urkunde, sondern auch jede Menge warmer Worte: „Ludwigsburg ist damit die Benchmark für alle Städte mit vergleichbarer Größe in Deutschland“, sagte Warnecke, und Spec durfte stolz über die ganzheitliche Stadtentwicklung und generationengerechte Finanzen reden. Auf Basis eines Musterhaushalts hat der Verband errechnet, dass eine vierköpfige Familie in Ludwigsburg im vergangenen Jahr eine Abwassergebühr in Höhe von 261,81 zu bezahlen hatte. Auf dem letzten Platz des Rankings landete Potsdam mit einem Betrag von 911,23 Euro. Positiv hervorgehoben wurde auch, dass die Gebührensatzung in Ludwigsburg besonders transparent sei, und das sei keine Selbstverständlichkeit. Die Gebührenordnungen der Kommunen seien uneinheitlich, kaum vergleichbar und mit zahlreichen Ausnahmeregelungen versehen, erklärt Haus & Grund. Das gehe soweit, dass in Potsdam etwa die Kosten für das jährliche Stadtfest über die Abwassergebühr subventioniert würden.

Bayern und Baden-Württemberg schneiden besonders gut ab

Auffallend ist, dass von den zwanzig günstigsten Abwasserentsorgern zwölf aus Bayern oder Baden-Württemberg kommen, während die teuersten fast allesamt in Ostdeutschland liegen. Aber auch in der Region Stuttgart gibt es erhebliche Schwankungen. Die Landeshauptstadt selbst hat es mit 388,48 Euro immerhin auf einen guten 20. Platz geschafft, während Esslingen mit 507,45 nur auf Rang 53 liegt – der Mittelwert beträgt rund 640 Euro.

Zum Teil lassen sich die erheblichen Differenzen auf Faktoren zurückführen, die die Stadtverwaltungen oder Stadtwerke kaum beeinflussen können: müssen im Kanalnetz mittels Pumpen viele Höhenmeter überwunden werden, ist das teuer. Bei stark zersiedelten Städten ist das Netz generell länger, und auch das treibt die Preise. Grundsätzlich können Kommunen die Höhe der Gebühren mittels einer Satzung selbst bestimmen, sind dabei allerdings an gesetzliche Vorgaben gebunden. Anders als etwa bei Kitagebühren wird eine hundertprozentige Kostendeckung angestrebt, das heißt: mit den Gebühren sollen alle Ausgaben und Investitionen finanziert werden.

Manche Probleme sind hausgemacht

Die strukturellen Unterschiede zwischen den Kommunen seien allein jedoch keine Erklärung für die gewaltige Spreizung, sagt Warnecke. „In Ludwigsburg ist die Topografie auch nicht gerade einfach.“ Aber der Stadt sei es eben gelungen, die Kanalisation und alle Anlagen über Jahrzehnte zu pflegen. In der offiziellen Begründung heißt es: „Ludwigsburg verfügt über technisch einwandfreie Kläranlagen, die so gründlich arbeiten, dass immer weniger Klärschlamm anfällt. Es stehen keine neuen Sanierungen an. Durch die steigenden Einwohnerzahlen werden die Leitungen besser ausgenutzt.“

Das genau ist der Unterschied zu mancher Kommune vor allem in Ostdeutschland, in denen vor Jahren neue Kanäle gebaut wurden, die nun völlig überdimensioniert sind – weil die Bevölkerungszahl sinkt. Esslingen wiederum liegt deshalb nur im Mittelfeld, weil die Stadt einen vergleichsweise hohen Betrag für den Kanalbau einfordert. Gleichwohl hat die Stadt die Gebühren Anfang 2017 um zehn Cent pro Kubikmeter gesenkt – im dritten Jahr in Folge.

Eine Senkung ist in Ludwigsburg nicht zu erwarten, die Gebührenkalkulation für das kommende Jahr wird gerade erstellt. Zu der Pressekonferenz war auch der Stadtkämmerer Ulrich Kiedaisch geladen. „Eine Erhöhung wird für 2018 aber voraussichtlich auch nicht nötig sein“, sagte er.