Die ersten modernen Menschen kamen vor rund 45 000 nach Europa. Hier trafen sie auf ihren Verwandten, den Neandertaler. Doch wie lange lebten sie zeitgleich nebeneinander? Eine neue Studie gibt gibt spannende Einblicke in das Leben in der Steinzeit.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Leiden/Oxford - Die Neandertaler verschwanden in Europa offenbar deutlich früher als bisher vermutet. Die Neudatierung von Funden aus Belgien deutet darauf hin, dass die nächsten Verwandten des Menschen zumindest in Nordwesteuropa schon vor 40 000 Jahren ausgestorben waren.

 

Die Studie zeigt zudem, wie knifflig die Datierung solcher Funde ist. Modelle zur Geschichte von Frühmenschen sollten daher nur auf Basis belastbarer Daten erstellt werden, folgert das internationale Team in den „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“).

Wanderschaft nach Europa

Neandertaler bewohnten Europa und Teile Asiens schon lange, bevor der moderne Mensch Afrika verließ. „Wann Neandertaler aus Eurasien verschwanden und wann der moderne Mensch ankam, ist eine Schlüsselfrage der Paläoanthropologie“, schreibt das Team um Thibault Devièse von der Oxford University und Grégory Abrams von der Universität Leiden.

Für Aufsehen, aber auch Zweifel hatten vor allem Datierungen von Funden aus der belgischen Höhle Spy gesorgt, die im 19. Jahrhundert geborgen worden waren.

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Funde aus drei belgischen Höhlen neu datiert

So wurde für ein Schulterblatt (Spy 572a) wiederholt mit der Radiocarbon-Methode (C14) ein Alter von etwa 24 000 Jahren bestimmt –- später dann von knapp 32.000 Jahren. „Diese drei Datierungen erscheinen für Neandertaler extrem jung, sodass eine Verunreinigung vermutet wurde“, erklären die Forscher.

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Die Wissenschaftler, darunter Mitarbeiter des Jenaer Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie, datierten nun Funde aus drei belgischen Höhlen neu. So korrigierten sie das Alter eines Wirbelfragments aus Spy von etwa 36 000 auf knapp 42 000 Jahre. Ein ähnliches Alter wurde für einen Knochen bestimmt, der zuvor als knapp 34 000 Jahre alt galt.

Ein Zahn aus der Höhle Engis – zuvor auf etwa 27 000 und auf 30 000 Jahre datiert –- ist demnach etwa 40 000 Jahre alt, ebenso wie ein Oberschenkel aus der Höhle Fonds-de-Forêt.

Aus den neuen Daten erstellten die Forscher ein Modell, demzufolge Neandertaler in Nordwesteuropa mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit (95,4 Prozent) schon vor 44 200 bis 40 400 Jahren verschwanden. „Viel früher als bisher angenommen. Die möglichen Ursachen dieses Aussterbens könnten mit Klimawandel, Wettbewerb und Inzucht zusammenhängen.“

Info: Epochen der Steinzeit

Die früheste Epoche in der Menschheitsgeschichte ist durch den Gebrauch von Steinwerkzeugen gekennzeichnet, die bereits von frühen Vertretern der Gattung Homo, den Homo habilis und Homo erectus hergestellt wurden. Die Steinzeit, die vor 2,6 Millionen Jahren in Afrika und vor 1,1 Millionen Jahren in Europa begann und um 2200 v. Chr. endete, lässt sich in drei große Perioden einteilen:

Paläolithikum

Die Altsteinzeit beginnt mit dem Altpaläolithikum (2,6 Millionen bis 300 000 Jahren), gefolgt vom Mittelpaläolithikum (300 000 bis 40 000 Jahren) und endet mit dem Jungpaläolithikum (40 000 bis 10 000 Jahren). Die Menschen waren Jäger und Sammler, sie kannten bereits das Feuer und nutzten zusammengesetzte Jagdwaffen aus Holz und Stein.

Neolithische Revolution

Übergang von der Jäger- und Sammlerkultur zu Ackerbau und Viehzucht. Foto: Jungsteinzeitlicher Ackerbau, Geschichtsverein Windecken

Mesolithikum

Mit dem Ende der Eiszeit beginnt in Europa die Mittel- und Jungsteinzeit (9600 bis 4500 v. Chr.). Der Übergang von der Jäger- und Sammlerkultur zu Ackerbau und Viehzucht markiert den Beginn der Jungsteinzeit, dem Neolithikum (deshalb auch Neolithische Revolution genannt). In Mitteleuropa umfasst sie den Zeitraum von 5600 bis 4900 v. Chr. und endet um 2150 v. Chr..

Kupfersteinzeit

Das Ende der Steinzeit wird eingeläutet durch den in Ägypten, Südosteuropa und Vorderasien aufkommenden Kupferbergbau und die ersten Techniken der Metallurgie. Der bekannteste Mensch der Kupfersteinzeit ist der als Kälte-Mumie erhaltene Ötzi. Mit der Bronzezeit, in der Metallgegenstände vornehmlich aus Bronze (einer Legierung von Kupfer und Zinn) hergestellt werden, endet die Steinzeit.