Nachrichten aus der „grünen Hölle“. Das virtuelle Studio der „SWR Landesschau aktuell“ ist ab Montag in Betrieb.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Die grünen Krawatten kann Dieter Fritz künftig im Schrank hängen lassen. Auch die grünen Hemden und Jacketts sind fortan tabu. Aber der SWR-Moderator hat es nicht anders gewollt, er hat sogar alles dafür getan, dass der SWR ein virtuelles Studio bekommt: Heute geht die sogenannte grüne Hölle an den Start, und die SWR „Landesschau“ wird in diesem virtuellen Studio aufgenommen. Grafiken, Würfel, auch der tolle Panoramablick werden virtuell eingeblendet, während nur noch eines real ist: der Moderator. Er steht bei der Aufnahme in einem schrillgrünen Studio ohne Ecken und Kanten. Alles, was an ihm grün ist, wird weggestanzt und erscheint im Bild wie ausgelöscht.

 

„Die neue Technik ist keine Spielerei“, sagt Dieter Fritz, „sondern bringt neuen Schwung in die Sendung.“ Fritz ist Projektleiter bei der Einführung des virtuellen Studios gewesen, mit dem der Südwestrundfunk Neuland betritt. Im Neubau des Funkhauses an der Stuttgarter Neckarstraße wurden drei gewöhnliche Studios eingerichtet, die „Landesschau“ aber verfügt nun eigens über ein virtuelles Studio, weil sie am häufigsten gesendet wird. Auch das ZDF hat bereits ein solches Studio, langfristig wird es wohl der Standard bei Nachrichtensendungen werden. „Denn so lassen sich schwierige Themen besser erklären“, sagt Dieter Fitz.

Ein großer, dicker Industrieroboter wurde umgerüstet und mit einer Kamera ausgestattet – denn ein solches Studio kann man nicht von der Stange kaufen. Während die Moderatoren nun bei der Sendung allein hinter einem roten Designertisch stehen, werden Beleuchtung und Kameras vom Regieraum aus gesteuert. Für Fritz und seine Kollegen war es zunächst gewöhnungsbedürftig, dass sie die Grafiken, den SWR-Würfel und auch andere erklärende Einspielungen selbst nicht sehen. Sie müssen in der sogenannten Erklärecke in die Luft zeigen – und können nur auf dem Monitor kontrollieren, ob sie wirklich auf das Richtige deuten. „Die Wetterleute machen das aber schon seit Jahren“, erklärt Uschi Strautmann – sie leitet die Abteilung Baden-Württemberg Information.

Gebündelte Informationen im „trimedialen Newsroom“

Der Neubau, der 86,5 Millionen Euro gekostet hat, ist mit modernster Technik zu weiteren 51,5 Millionen Euro ausgestattet. Bänder, die sich im alten Gebäude noch stapelten, gibt es von nun an nicht mehr – es wird komplett mit HD-Technik produziert. Scheinwerfer müssen auch nicht mehr von Hand gesteuert werden, und die Kameras können eine deutlich höhere Pixelzahl bewältigen. Die Fernsehstudios sind mit Energie sparender LED-Beleuchtung ausgestattet, das Haus wird mit der Abwärme der Rechner geheizt. Allein beim Licht rechnet man mit einer Ersparnis von 95 Prozent.

Derzeit herrscht Hochbetrieb im Neubau, weil die Umzüge der 480 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch nicht abgeschlossen sind. Für sie sind nun viele Wege kürzer, außerdem gibt es einen „trimedialen Newsroom“, in dem die Informationen gebündelt aufbereitet werden für Fernsehen, Hörfunk und das Internet. Im virtuellen Studio wurde nun vier Wochen lang der Echtfall geprobt, damit heute die ersten Sendungen aus der „grünen Hölle“ reibungslos ablaufen.

In fünf, sechs Sekunden kann nun eine neue Dekoration ins Studio eingespielt werden – virtuell. Die neue „Landesschau“ findet über den Dächern Stuttgarts statt und erinnert ein wenig an einen luxuriösen Bungalow mit Glasfronten. Bleibt die Frage, wie man es künftig mit Studiogästen hält. Denn Winfried Kretschmann trägt zum Beispiel mit Vorliebe grüne Krawatten. Das geht nun nicht mehr. Halb so wild, sagt Uschi Strautmann, im Notfall könne man dem Ministerpräsidenten aushelfen. „Wir haben hier genug andere Krawatten.“