In Uhlbach haben Handwerker in einem Weinberg die Trockenmauern gerichtet. Nach alter Väter Sitte mit der Hand. Die Stadt unterstützt die Arbeiten mit Mitteln aus einem Förderprogramm.

Stuttgart - Es ist wie bestellt. Die Wolken über der Grabkapelle auf dem Württemberg reißen auf: Sonnenstrahlen tauchen den Talkessel und Uhlbach in warmes Licht. Die Weinberge leuchten in sattem Grün. Die Parzelle von Wengerter Rolf Berner hebt sich mit ihrer strohgedeckten Erde deutlich von der Umgebung ab. Zwar sind bereits neue Hochstammreben gepflanzt, trotzdem ist der Hang am Blasiusweg in Rotenberg noch von der zurückliegenden Bautätigkeit geprägt: Fünf Monate lang wurden die einsturzgefährdeten Trockenmauern und Staffeln des Weinbergs saniert. Ein aufwendiges Unterfangen, das sich gelohnt hat. Peter Pätzold, Bürgermeister für Städtebau und Umwelt, spricht zurecht von einem „Kleinod in der Rotenberger Weinbaulandschaft“, als er das Ergebnis am Freitag im Rahmen eines Richtfests würdigt.

 

Rund 2000 Steine haben Gartenbaumeister Christoph Schweizer und sein Team verbaut. Ein Großteil stammt aus der mehr als hundert Jahre alten Originalmauer. Jeder einzelne wurde noch einmal von Hand bearbeitet – unter anderem mit dem Krönel, einem traditionellen Steinmetzwerkzeug, das aussieht, als habe man mehrere Meißel verbunden. „Wir mussten einiges an Lehrgeld zahlen“, blickt der Landschaftsgestalter aus Esslingen zurück. „Terrassieren und Mauern bauen gehört natürlich zur Ausbildung. In dieser Komplexität und in diesem Umfang war dieses Projekt aber schon etwas Besonderes. Dafür wird diese Mauer nun auch wieder lange halten.“

Die Stadt stellt 600 000 Euro zur Verfügung

Einen Großteil der Arbeit sieht der Außenstehende gar nicht. Hinter der steinernen Verblendung findet sich eine weitere Mauer. Das verleiht zusätzliche Stabilität, steigert freilich den Arbeitsaufwand. Auch die Kosten sind mit 86 000 Euro beachtlich. Finanziert wurde die Instandsetzung aus Mitteln des 2014 vom Gemeinderat verabschiedeten Förderprogramms zum Erhalt der vom Weinbau geprägten Kulturlandschaft in Stuttgart. Jährlich stehen 600 000 Euro aus Haushaltsmitteln zur Verfügung. Der Bedarf ist groß: „Für die bisher gestellten 63 Anträge würden wir 1,3 Millionen Euro benötigen“, sagt Pätzold. Derzeit könne man also nur einen Teil der Anwärter unterstützen. Die Sanierung der Trockenmauern bleibe eine Daueraufgabe, die sich nur über Jahre hinweg bewältigen lasse. Sehr angetan zeigte er sich vom Engagement der Wengerter. Sein Fazit: „Sie stehen wirklich hinter diesem Programm.“

Die Trockenmauern beeinflussen das Klima für die Reben. Indem sie Sonnenwärme tanken und später wieder abgeben, können sie zeitweise für ein Temperaturplus von bis zu 5 Grad sorgen. „So lassen sich auch Rebsorten wie Merlot oder Cabernet Sauvignon hier ansiedeln“, sagt Berner, Vorstands-Vorsitzender der Winzergenossenschaft Collegium Wirtemberg. Sein neues Mäuerle erfüllt ihn sichtlich mit Stolz.

Dass Stuttgart für die Instandhaltung der charakteristischen Trockenmauern aufkommt, kann man übrigens durchaus als Fortführung einer historischen Tradition sehen. Auch in früheren Zeiten mussten die Wengerter nicht allein für die entstehenden Kosten aufkommen: Der Adel oder nahegelegene Klöster griffen ihnen finanziell unter die Arme.