Die Bundeswehr sucht und findet Experten für das Internet. Am Mittwoch geht die neue Einheit an den Start.

Berlin - Nach zwei Jahren Vorarbeit im Verteidigungsministerium wird die Bundeswehr sich von jetzt an mit einer eigenen Teilstreitkraft gegen Cyberbedrohungen wappnen. An diesem Mittwoch geht die Einheit mit einem 260-köpfigem Kommando an der Spitze an den Start; bis zum Sommer sollen bereits bestehende Einheiten mit insgesamt 13 500 Mann dort konzentriert werden. Der Auftrag der neuen Truppe konzentriert sich auf drei Kernpunkte: Sie soll die Netze und Computersysteme der Bundeswehr gegen Cyberattacken sichern. Die Cyber-Spezialisten in Uniform sollen Bedrohungen gegen das Land und die eigenen Streitkräfte aufklären sowie im Cyberraum „wirken“ können. So hat es Verteidigungsstaatssekretärin Katrin Suder in Berlin erklärt. Übersetzt heißt das: Die Truppe soll im Internet kämpfen und dabei Angreifer lahmlegen können.

 

Bundeswehr ist hochgradig gefährdet

Der Cyber-Raum wird damit neben Land, Luft und See zu einem eigenen Operationsraum für militärisches Handeln. Suder macht deutlich, dass Cyber-Sicherheit das zentrale Sicherheitsthema dieser Zeit ist. Das liegt an der fortschreitenden, globalen Digitalisierung und Vernetzung und daran, dass die Bundeswehr als Großorganisation mit hohem Digitalisierungsgrad und einer Vielzahl von Netzen hochgradig gefährdet ist. Weil Cyber-Waffen anders als traditionelle Waffensysteme billig sind und ihre Nutzung einem Angreifer schwer nachgewiesen werden kann, ist ihr Einsatz schwer zu kontrollieren und durch internationale Vereinbarungen auch schwer zu regeln. Im Berliner Außenministerium verweist man jedenfalls darauf, dass verschiedene Staaten kategorisch gegen Nutzungsbeschränkungen bei Cyber-Waffen sind. Dass es zu einer Ächtung von Schad-Programmen kommt, ist damit unwahrscheinlich.

Weil die Angst vor Cyberkriegen grassiert, gab Suder sich bei der Tagung an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik in Berlin dennoch alle Mühe, herauszustellen, dass Cyber-Einsätze der Bundeswehr nicht eigenmächtig oder verdeckt stattfinden sollen. „Das ist kein rechtsfreier Raum“, betonte Suder. „Wir schützen uns, aber wir gehen nie darüber hinaus. Es sei denn, wir haben den Verteidigungsfall oder ein Bundestagsmandat.“ Werde die Truppeninfrastruktur großflächig angegriffen „rufe ich die Polizei, wie jeder andere auch“, erklärte sie. „Ein großer Angriff auf Cyber-Truppen eines anderen Staates durch die Bundeswehr wäre nur im Verteidigungsfall möglich und der wird im Bundestag beschlossen“, betonte sie.

Neue Wege bei der Suche nach Spezialisten

An einem konkreten Beispiel lies die Staatssekretärin durchblicken, was sie bei Auslandseinsätzen für machbar hält. Denkbar sei etwa, dass Gegner abgehört und deren Kommunikation durch Cyber-Einsätze gestört werde. So könnten feindliche Einheiten von ihrer Kommandozentrale isoliert und leichter von eigenen Heerestruppen außer Gefecht gesetzt werden. Im übrigen führe das Cyber-Kommando Übungen durch, wie andere Einheiten auch.

Allerdings tut die Bundeswehr sich schwer, Fachleute für den neuen IT-Bereich zu gewinnen. Zwar verwies Staatssekretärin Suder darauf, dass die Truppe 2016 schon 60 Prozent mehr Informatik-Experten eingestellt hat als im Jahr zuvor. Absolute Zahlen nannte sie nicht. Von tausend offenen Stellen beim Beschaffungsamt der Bundeswehr sind ein Drittel IT-Fachleute. Der Personalbedarf des Cyber-Kommandos ist da noch nicht eingerechnet. Deshalb will Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei der Suche nach Internet-Spezialisten neue Wege einschlagen. So wird gerade geprüft, ob die Offizierslaufbahn auch für Studienabbrecher mit so genannten Nerd-Qualitäten geöffnet werden kann. Außerdem will die Bundeswehr selbst Informatiker ausbilden – dafür sind bereits 13 neue Professorenstellen geschaffen worden.