Die Tübinger Straße soll nun Mitte des Jahres als Fahrradstraße ausgewiesen werden. Längst sind auf der Straße mehr Radler als Autofahrer unterwegs, sie ist zudem ein Teilabschnitt der Hauptradroute 1.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Großbaustelle an der Fangelsbachstraße, Platzsanierung an der Marienkirche – irgendwas kam immer dazwischen. Doch nun soll die Tübinger Straße endlich Fahrradstraße werden. Mitte Januar hatte Susanne Scherz vom Amt für öffentliche Ordnung den Bezirksbeiräten im Süden das Konzept vorgestellt. In der letzten Sitzung haben die Lokalpolitiker diesem nun mehrheitlich zugestimmt.

 

Ab Juni wohl gilt die Vorfahrt für Radler

Voraussichtlich von Juni an haben damit die Fahrradfahrer in der Verbindungsstraße von Marienplatz und Stadtmitte Vorfahrt. Sogar nebeneinander radeln ist dann erlaubt. Autofahrer dürfen die Straße nur nutzen, wenn dies durch ein Schild „Anlieger frei“ eigenes gekennzeichnet ist. In der Tübinger Straße soll dies aber so sein. Allerdings müssen künftig die Autofahrer dort ihre Geschwindigkeit verringern, um eine Behinderung der Radfahrer zu vermeiden. Auf Fahrradstraßen gilt in der Regel allerhöchstens Tempo 30.

Für die Radler ist diese Entscheidung ein großer Schritt, sind sie doch in der Autometropole Stuttgart meistens benachteiligt. An dieser Stelle macht die Fahrradstraße vor allem deshalb Sinn, weil die Tübinger Straße ein sehr viel befahrener Abschnitt der Hauptradroute 1 ist, die von Vaihingen über die Innenstadt bis nach Bad Cannstatt führt.

Mit der Einführung der Fahrradstraße wird sich die bestehende Verkehrsordnung in der Tübinger Straße ändern. Bisher gilt dort rechts vor links. Künftig haben aber dort Rad- und Autofahrer vom Marienplatz bis zur Gerberstraße Vorfahrt. Einzige Ausnahme: Die Unterbrechung der Tübinger Straße für den Autoverkehr auf Höhe der Feinstraße bleibt weiterhin bestehen.

Die Vorfahrtsregelung birgt allerdings aus Sicht der Stadtverwaltung wie auch nach Auffassung einiger Bezirksbeiräte einige Nachteile. Die könnten vor allem die Fußgänger treffen. Weder Radler noch Autofahrer müssen künftig an den Knotenpunkten bremsen, auch die Querung der Straße wird damit für Fußgänger unübersichtlicher. Susanne Scherz befürchtet deshalb negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit der Fußgänger in der Tübinger Straße.

Die Vorfahrtsstraße soll ein Jahr lang getestet werden

Die Vorfahrtsstraße soll deshalb nun zunächst ein Versuch sein. Ein Jahr soll der Verkehr dort eingehend beobachtet werden. Sollte es aber in diesem Zeitraum zu schweren Unfällen oder großen Problemen mit Fußgängern kommen, kann der Versuch abgebrochen werden – der sich jedoch nur auf die Vorfahrtsregelung, nicht jedoch auf die Fahrradstraße bezieht. Mehrheitlich einigen sich die Bezirksbeiräte auf diese Lösung.

Die Fraktion der Grünen sprach sich in der letzten Sitzung aus eben diesen Gründen für den einjährigen Test aus. „Alle Verkehrsteilnehmer müssen sich ja neu ordnen“, sagte Christa Niemeier. Da müsse man tatsächlich erst schauen, ob dies gelinge. Auch Michael Knödler von der Fraktionsgemeinschaft SÖS-Die Linke-Plus sowie Jens Herrmann von den Stadtisten befürworteten den einjährigen Versuch. Beide sehen zudem mehr Zebrastreifen als eine gute Lösung an, um die Sicherheit der Fußgänger dort weiter zu erhöhen.

Radstraße ist eine Verbesserung für die Hauptradroute 1

Wolf-Dieter Wieland (FDP) plädierte dafür, die bestehende Rechts-vor-links-Regel zu erhalten. „Ich gehe davon aus, dass sich niemand an Tempo 30 hält“, so seine Begründung. Er sieht deshalb vor allem eine Gefahr für die vielen Schüler, welche auf der Tübinger Straße unterwegs seien. Auch die SPD-Fraktion äußerte sich zunächst kritisch: „Wann ist der Versuch gescheitert und wann erfolgreich?“, gab Ulrike Holch zu Bedenken. Dennoch wolle man sich dem Test nicht verschließen, ergänzte sie. Dem schloss sich auch der CDUler Roland Petri an, weil es für ihn eine Verbesserung der Hauptradroute darstellt. „Wenn sich tatsächlich alle an die Regeln hielten, dann hätten wir sogar paradiesische Zustände, an die man ja in Stuttgart erst glaubt, wenn man sie sieht“, schloss er die Diskussion ab.

Rahmenbedingungen für eine Fahrradstraße

Rechtslage
Auf Fahrradstraßen sind Radler bevorrechtigt, der KfZ-Verkehr muss sich unterordnen. Autos dürfen dort gar nicht oder nur sehr langsam fahren, wenn es entsprechend ausgeschildert ist. Tempo 30 gilt als Höchstgeschwindigkeit. Fahrradstraßen kommen in Betracht, wenn der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist.

Tübinger Straße
In Stuttgart gibt es eine Fahrradstraße in der Eberhardstraße. Bei einer Verkehrszählung des Ordnungsamtes im letzten Jahr hat sich gezeigt, dass auch in der Tübinger Straße mehr Radler als Autofahrer unterwegs sind.

Zeitplan
Von Juni an soll die Fahrradstraße ausgeschildert sein. Zwischen der Römer- und Cottastraße wird die Tübinger Straße dann stadteinwärts für Autofahrer zur Einbahnstraße.