Der Verkehrsverbund Stuttgart setzt die Preiserhöhung 2019 aus und entschlackt das Zonengeflecht radikal. Fahrten mit Bus und Bahn werden für die Kunden deutlich billiger.
07.06.2018 - 18:38 Uhr
Stuttgart - Die vor zwei Monaten angekündigte radikale Strukturreform im Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) soll zum 1. April 2019 in Kraft treten. Dann wird es statt verwirrender 52 Zonen nur noch fünf geben. Auf die übliche jährliche Preiserhöhung zum 1. Januar will der Verbund 2019 verzichten.
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Was ändert sich an der Struktur?
In Stuttgart werden die Zonen 10 und 20 und draußen in den Landkreisen die äußersten Ringzonen 60 und 70 zusammengelegt. Außerdem wird es keine Sektorengrenzen in den Zonenringen mehr geben. Nach 40 Jahren VVS komme das einem Neustart gleich, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Donnerstag im Rathaus.
Wer profitiert davon?
Vor allem jene Fahrgäste, die mehr als eine Zone fahren. Es gibt zwei Effekte: Entweder kommen die Fahrgäste zum gleichen Preis wesentlich weiter, oder sie sparen beim Befahren mehrerer Zonen erheblich. „Nicht jeder erhält eine Preisreduzierung, aber zum Beispiel im Filderraum wird aus vier Zonen häufig eine“, sagt VVS-Geschäftsführer Horst Stammler.
Gibt es Beispiele für die Einsparungen?
Stammler und Co-Geschäftsführer Thomas Hachenberger präsentierten beispielhafte Verbindungen. Die Verbilligungen reichen von 14 bis 55 Prozent. So kostet die Einzelfahrt von Zuffenhausen in die City jetzt 2,90 Euro (zwei Zonen). Ab April nur 2,50 Euro (Großzone Stuttgart). Von Holzgerlingen nach Leonberg werden aus 6,50 dann 2,90 Euro (minus 55 Prozent). Wer mit dem Monatsticket von Böblingen nach Waiblingen pendelt, zahlt künftig 115,20 statt 167 Euro, also 31 Prozent weniger. Wer von Ludwigsburg nach Esslingen fährt, berappt für die Jahreskarte (Jedermann) statt 1430 noch 865 Euro. Einsparung: 565 Euro (40 Prozent). Der VVS rechnet durch die Reform mit elf Millionen zusätzlichen Fahrten.
Gibt es Verlierer?
Nein, aber Gruppen, die von der Strukturreform nicht profitieren. Für Senioren, Auszubildende, Schüler und Studenten gibt es nur Netzkarten, die Zonenreduzierung trifft sie nicht, ein Preisabschlag ist für sie nicht geplant. Durch den Verzicht auf die Tariferhöhung 2019 könnten sich diese Gruppen, die jährlich 230 000 Tickets kaufen, aber auch zu den Gewinnern zählen. Unverändert bleiben die Konditionen in den VVS-Appendizes nach Beilstein, Geislingen und Altensteig, die nicht im Verbund liegen oder für die spezielle Regeln gelten.
Wer gleicht die Mindereinnahmen aus?
Insgesamt rechnet der Verbund mit Mindereinnahmen von 42 Millionen Euro pro Jahr. Die Zahl kann mit steigender Fahrgastzahl sinken. Die Bus- und Bahnunternehmen sollen laut OB Fritz Kuhn (Grüne) 2019 und 2020 für die 2019 ausgefallene Tariferhöhung einen Ausgleich erhalten, dazu werde ein Referenzwert entwickelt. Das Land schießt insgesamt mit sinkenden Raten bis 2024 genau 42 Millionen Euro zu. Das sei auch ein Beitrag zur Luftreinhaltung , so Hermann, die Landkreise steuern laut Landrat Rainer Haas (Ludwigsburg) jährlich je drei bis vier Millionen Euro bei, Stuttgart muss seine Zusage von neun auf 15 Millionen Euro pro Jahr erhöhen. Alle Steuerzahler zahlen mehr für den Nahverkehr. Man habe „für einen fairen Lastenausgleich sehr gut zusammengearbeitet“, sagt Esslingens Landrat Heinz Eininger.
Kommt auch das Dieselfahrverbot in Stuttgart zum 1. April 2019?
Das wollte Hermann nicht beantworten.
Ist in Bussen und Bahnen genug Platz?
Zu den Hauptzeiten geht es eng zu. Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) und alle Landräte sowie Hermann und Kuhn betonten, dass der Nahverkehrausbau notwendig sei. Neue Strecken, zum Beispiel in Ludwigsburg, und Streckenverlängerungen (S 2, U 5, U 6) sind genauso in Planung wie mehr Fahrzeuge.