Der Stuttgarter Zoo erweitert mit der Eröffnung der Wilhelma-Schule sein Bildungsangebot – und folgt damit einem Trend.  

Stuttgart - Zur Einweihung hat auch ein Pfau vorbeigeschaut. Der Vogel stakste durch die Anlagen der Wilhelma - vorbei an einem gläsernen Pavillon, der ihm unbekannt vorgekommen sein muss: Der Stuttgarter Zoo hat seine Wilhelma-Schule eröffnet - nach rund einem Jahr Bauzeit ist unweit des Maurischen Landhauses ein Gebäude entstanden, in dem der zoologisch-botanische Garten sein Bildungsangebot ganz neu aufstellt.

 

Der Wilhelma-Chef Dieter Jauch will den Zoo neben den bewährten Führungen künftig auch mit außerschulischem Biologieunterricht profilieren. Die Kinder und Jugendlichen sollen dabei unter anderem durch angreifen auch begreifen: In die Schule sind bereits zahme Ratten und Papageien eingezogen, die in den Schulungsräumen künftig vor jungem Publikum auf den Tischen spazieren werden. "Mir ist es sehr wichtig, dass wir naturkundliches Wissen in verständlicher und volkstümlicher Form vermitteln", sagte Dieter Jauch.

Der Neubau der Wilhelma-Schule geht auf die Pläne von "Cheret Bozic Architekten" zurück und kostete 900.000 Euro. Für Peter Cheret schließt sich damit ein Kreis: Er hatte bereits in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts den Schaubauernhof konzipiert.

Gewandeltes Selbstverständnis

Die Wilhelma will durch das neue Schulgebäude neue Zielgruppen für ihre Bildungsangebote erschließen. "Von März an werden wir regelmäßig Vorträge auch für die Laufkundschaft anbieten", erläuterte Stefanie Reska, die Leiterin der Wilhelma-Schule, die früher in einer Holzbaracke und anschließend in Provisorien untergebracht war. Schwerpunkt werden dabei die Themen Natur- und Artenschutz sowie die Verhaltensforschung sein. Der Zoo stockt sein Team von derzeit zwölf freien Mitarbeitern in diesem Bereich daher auf.

Die Wilhelma folgt mit ihrer Bildungsoffensive einem Trend, der sich auch in der Neuausrichtung und im gewandelten Selbstverständnis der Museen widerspiegelt. Dabei dreht sich in den Stuttgarter Häusern längst nicht alles um Jungen und Mädchen und die Frage: wie binde ich heute das Stammpublikum von morgen an mich? Auf einen sehr schwäbischen Ansatz ist das Kunstmuseum gekommen: "Mahlzeit", nennt sich hier nicht der kernige Kantinengruß im Sound der Nachkriegszeit - "die Mahlzeit richtet sich an Berufstätige", erklärt die Museumssprecherin Eva Klingenstein. In der Mittagspause begleitet eine sachkundige Mitarbeiterin die Besucher zu einem Bild, über das eine halbe Stunde lang geredet wird. Dieses Appetithäppchen auf das Kunstmuseum am Schlossplatz kostet lediglich zwei Euro. Wer möchte, kann es für sechs Euro erweitern: Dann gibt es zur Hirnnahrung obendrein ein Ciabatta und ein Muffin.

Kultureinrichtungen verwandeln sich immer stärker in Bildungsträge

Im jungen Kunstmuseum, das im März 2005 eröffnet wurde, gehört die Kunstvermittlung von Anfang an zum Konzept. "Wir gehen auf die veränderten gesellschaftlichen Bedürfnisse ein", sagt Klingenstein. So treffen sich die Jugendlichen beispielsweise im Jugendkunstclub "Crumpled Paper". "Für uns als Kultureinrichtung ist das eine ständige Gratwanderung", sagt Eva Klingenstein: "Wie viel Event lassen wir zu und wann wird es wichtig, dass wir uns auf unseren Kulturauftrag besinnen?"

Wie wichtig die Kulturvermittlung inzwischen für alle Einrichtungen geworden ist, zeigt sich unter anderem auch bei den Planungen des Landesmuseums im Alten Schloss. Zum 150. Geburtstag des Hauses 2012 wird derzeit die Präsentation der Dauerausstellung neu erfunden. "Unsere Museumspädagogen waren bei der Konzeption von Anfang an eingebunden", sagt Heike Scholz vom Landesmuseum.

Die Kultureinrichtungen verwandeln sich immer stärker in Bildungsträger - was etablierte Anbieter unter Druck setzt: beispielsweise die Stuttgarter Volkshochschule, die jährlich rund 3000 Kurse in den verschiedensten Bereichen anbietet.

Weitere Bildungsangebote

Kunstmuseum Generationenübergreifend ist ein Angebot des Hauses am Schlossplatz: Es lädt regelmäßig zum Großelterntag ein – das nächste Kombi-Angebot für Oma, Opa und Enkelkinder gibt es am 27. November.

Landesmuseum Ein speziell qualifizierter Museumspädagoge kümmert sich um die Angebote des Jungen Schlosses. Seit das Junge Schloss mit seinen zahlreichen Angeboten für Kinder vor rund einem Jahr eröffnet wurde, kamen rund 74.000 Besucher.

Naturkundemuseum Das Haus mit seinen beiden Standorten am Löwentor und im Schloss Rosenstein bietet regelmäßig Führungen für Senioren an. Geplant werden nun auch Führungen speziell für Zuwanderer – das Naturkundemuseum will sie in der jeweiligen Landessprache anbieten.