Der bisherige Finanzvorstand Richard Lutz ist zum neuen Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG (DB) ernannt worden. Auf ihn warten gewaltige Aufgaben, kommentiert Frank Schwaibold.

Berlin - Richard Lutz war bei der Deutschen Bahn bisher der Herr über die Zahlen. Nun ist er vom Finanzchef zum Vorstandsvorsitzenden aufgestiegen. Dort erwartet ihn ein knallharter Job. Zum einen, da jeder, der einmal einen Zug bestiegen hat, sich ebenfalls für einen Bahnexperten hält. Vergleichbar viele Kritiker hat in Deutschland wohl nur der Fußball-Bundestrainer. Zum anderen aber, da die Herausforderungen, die Lutz zu meistern hat, tatsächlich gewaltig sind.

 

Vorneweg der Güterverkehr. Statt immer mehr Güter, wie von der Verkehrspolitik gewünscht, werden seit Jahren immer weniger Güter auf der Schiene transportiert. Was kaum verwundert. Denn die Bahn hat Wettbewerbsnachteile gegenüber der Straße. Die Infrastruktur ist teilweise so schlecht, dass Güterzüge oftmals anhalten müssen, um Personenzüge vorbei zu lassen. Beide müssen sich zumeist ein und dasselbe Gleis teilen. Zudem zahlen Züge vergleichsweise hohe Trassenpreise – eine Belastung, die andere Verkehrsträger so nicht haben. Wenn die Bahn nun angekündigt hat, für den Bereich Güterverkehr zeitnah einen eigenen Vorstandsposten einrichten zu wollen, so ist das nur zu begrüßen.

Vieles wurde verschlafen

Auch im Personenverkehr muss die DB besser werden. Neben dem Problem zu vieler unpünktlicher Zügen muss sie vor allem die Konkurrenz durch Billigflieger und Fernbusse im Schach halten. Vieles wurde hier verschlafen. Nur ein Beispiel: Die Strecke München-Zürich fährt Flixbus ab einem Preis von 15 Euro bis zu 13 mal am Tag. Doch erst Ende 2017 beginnt die Bahn mit dem Ausbau dieser Strecke. Erst Ende 2020 wird sie durchgehend elektrifiziert sein.

Speziell im Südwesten hat Lutz einige seiner größten Baustellen. Die auf 6,5 Milliarden Euro taxierten Kosten für Stuttgart 21dürfen nicht weiter steigen, sonst droht eine ausufernde juristische Schlammschlacht mit dem Land Baden-Württemberg sowie der Region und der Stadt Stuttgart. Dazu kommt: Die Probleme mit den unpünktlichen S-Bahnen in der Region Stuttgart sind seit Jahren gravierend – und eine Lösung nicht in Sicht. Und die Strecke Stuttgart-Zürich ist ebenfalls noch nicht ausgebaut.

Warum Lutz deshalb in Doppelfunktion auch noch sein bisheriges Finanzressort weiterführen muss, ist unverständlich. Die Aufgaben, die er bewältigen muss, erfordern seine ausschließliche Kraft als Vorstandschef. Diese Entscheidung sollte der DB-Aufsichtsrat noch einmal gut überdenken.