Lange wurde das Hotel Blankenburg in der Großen Kreisstadt privat betrieben, nun hat es eine Kette übernommen. Experten bewerten das nicht ausschließlich positiv oder negativ.

Ditzingen - Wenn es nur so einfach wäre: hier die Guten, da die Schlechten. Armin Dellnitz, Geschäftsführer von Regio Stuttgart-Marketing, und Daniel Ohl, Sprecher des baden-württembergischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), hätten es um einiges leichter, die Region Stuttgart zu vermarkten. Doch derlei Schwarz-Weiß-Denken liegt den beiden fern. Sie sagen, es brauche eine große Bandbreite von Hotels für eine attraktive Region: Sowohl das individuell geführte, einzigartige Haus, das auf die Region eingeht, als auch das Hotel einer Kette, das auf der ganzen Welt gleich aussieht. „Der Gast wird dorthin gehen, wo er sich wohlfühlt“, sagt Armin Dellnitz.

 

Vor diesem Hintergrund ist auch der bereits vollzogene Wechsel in Ditzingen zu sehen. Das langjährige Eigentümerehepaar hat das Blankenburg Hotel an die Plaza Hotelgroup in Heilbronn übergeben. Diese betreibt europaweit nach eigenen Angaben Businesshotels an 34 Standorten. Dem Vernehmen nach wollen sich die vormaligen Eigentümer in den Ruhestand zurückziehen. Sie selbst waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Entwicklung im benachbarten Ausland ist rasanter

Bundesweit betrug der Anteil der Markenhotellerie im vergangenen Jahr 12,9 Prozent. Doch diese Kettenhotels verantworten in Deutschland knapp die Hälfte aller Hotelzimmer. Tendenz leicht steigend. Dehoga-Sprecher Ohl spricht dennoch von einem „stabilen Privathotelsektor verglichen mit dem umliegenden Ausland“. In Frankreich etwa „ist die Kettenhotellerie deutlich stärker präsent“.

Die Vergleichbarkeit dieser Häuser an den Standorten wird von Ohl und Dellnitz grundsätzlich als Pluspunkt gesehen: Der Gast wisse, was er bekommt. „Die Marke ist ein Wert“, sagt Ohl. Dagegen habe es ein gut geführtes Haus schwer, wenn man damit keinen Standard verbinde. Deshalb, so Ohl, sei 1996 das System der Deutschen Hotelklassifizierung eingeführt worden. Sterne sollen durch Vergleichbarkeit die Vermarktbarkeit der Häuser stärken. „Wir erleichtern dem Gast die Orientierung.“

Gute Zahlen, wenig Seele

Der Anteil der Geschäftsreisenden am Tourismus der Region macht laut Dellnitz 70 Prozent aus. Sie sind häufig Gast in vergleichbaren Hotels einer Kette. Diese Betriebe schrieben auch deshalb wohl gute betriebswirtschaftliche Zahlen. „Die große Frage ist nur, wie lange.“ Ob sich der Gast wohlfühle, wenn ein Haus, ein Zimmer „gesichtslos und damit auch seelenlos“ sei, lässt er offen, lässt aber keinen Zweifel daran, dass inhabergeführte Häuser, die die Region mitprägen, gerade darin ihre Stärke haben. Gleichwohl gebe es inzwischen Ketten, die ihre Häuser individuell gestalten.

Zumal die individuelle Umgebung und die persönliche Ansprache just die Wurzel von Airbnb ist. Auf der Seite des Internetunternehmens können private Unterkünfte vermietet und gebucht werden.

Hoteliers reagieren

Manch’ Hotelier reagiert auf diese Entwicklung – und richtet entsprechend Apartments ein, die man langfristig buchen kann. So hat es etwa Simeon Schad in seinem an die Automobilwelt angelehnten V8 Hotel in Böblingen gemacht. Er bietet sogenannte Service Apartments an, die auch über eine Küchenzeile verfügen. Diese sind wochen- oder auch monatsweise buchbar. Den Hotelservice kann, muss der Gast aber nicht mitbuchen. Das Apartment ähnelt einem Boardinghouse – wie es in den beiden Obergeschossen des ehemaligen Empfangsgebäudes des Ditzinger Bahnhofs entstehen soll. Laut der Stadt ist offen, wer es betreiben wird.

Für Schad ist letztlich entscheidend, dass seine Mitarbeiter authentisch sind – ungeachtet dessen, dass er Qualität und Perfektion voraussetzt. Für ihn ist es auch nicht entscheidend, direkt in der Landeshauptstadt zu sein. Im Gegenteil: Die Region habe den Vorteil, dass sie die Gäste nicht verunsichere, ob sie bei Feinstaubalarm überhaupt anreisen dürften.

Übernachtungen in der Region Stuttgart in Zahlen

Häuser
In der Region Stuttgart hatten im Mai dieses Jahres insgesamt 687 Hotels geöffnet. Sie boten zusammen 48 594 Betten an. Allein in der Landeshauptstadt waren es 150 Betriebe mit 19 153 Betten. Dicht auf Stuttgart folgen laut dem Statistischen Landesamt die Landkreise Esslingen mit 144 Hotels (8618 Betten) und Ludwigsburg mit 135 Betrieben (6980). Im Rems-Murr-Kreis sind es 85 Unterkünfte (4046 Betten), in Göppingen 69 (2648).

Auslastung
Zwischen Januar und Mai waren die Hotels in der Region Stuttgart zu 43,1 Prozent ausgelastet. Die Belegung in der Landeshauptstadt war mit 48,3 Prozent am höchsten, in Göppingen mit 34,6 Prozent am niedrigsten. Ludwigsburg (36,6) rangiert an vorletzter Stelle innerhalb der Region nach Esslingen, Böblingen und dem Rems-Murr-Kreis.