Im Dezember wechselt die Bahn den Fahrplan – und setzt auf mehr direkte ICE- und Nachtzugverbindungen auf langen Strecken, trotz vieler Baustellen. Gerade von Baden-Württemberg aus sollen Reisende schneller unterwegs sein.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Die Deutsche Bahn hat ihre neuen Fahrpläne vorgestellt, die vom 11. Dezember an mehr schnelle und direkte Verbindungen mit ICE, Intercity und Nachtzügen bringen sollen. Weniger schön: Wegen weiterer Großbaustellen wie zwischen Fulda und Kassel dauert es auch 2023 auf einigen wichtigen Strecken länger als bisher. So verlängert sich die Fahrzeit von Hamburg nach Frankfurt um 40 Minuten, von Berlin nach Dresden um 20 Minuten.

 

„Schneller, direkter, häufiger“ – so will der verantwortliche DB-Konzernvorstand Michael Peterson mehr Reisende für den Fernverkehr auf Schienen gewinnen. Was die Bahn attraktiver machen soll: Vor allem die milliardenteure ICE-Piste Wendlingen–Ulm, die im Dezember mit drei Jahren Verspätung eröffnet wird, und eine Rekordzahl an neuen Highspeed-Zügen. „Allein 2023 werden 37 neue ICE in Betrieb gehen, so viel wie noch nie in einem Jahr“, kündigte Peterson an. Erstmals kommt von Mitte Dezember an der neue ICE 3neo zwischen Dortmund, Köln und Frankfurt zum Einsatz.

Mehr Plätze zum Frankfurter Flughafen, weniger Zeit zwischen Stuttgart und München

Vor allem auf viel genutzten Strecken will der Konzern mit zusätzlichen Angeboten punkten, nicht zuletzt bei Geschäftsreisenden. Das Sitzplatzangebot zum Frankfurter Flughafen wächst um bis zu 60 Prozent, unter anderem durch die Verlängerung der ICE-Linie Basel−Köln–Dortmund bis nach Hamburg. Damit kommen auch Reisende aus Münster, Osnabrück und Bremen noch häufiger ohne Umstieg zum größten deutschen Flughafen. Eingesetzt werden neue ICE 4 im XXL-Format mit Platz für 918 Reisende. So biete man eine umweltfreundliche Alternative zu innerdeutschen Kurzstreckenflügen, betont Peterson. Erfreulicherweise hätten bereits viele Unternehmen ihre Reiserichtlinien angepasst, damit die Bahn häufiger auf Geschäftsreisen genutzt wird.

Wer zwischen Stuttgart und München unterwegs ist, soll mit dem Start der neuen Schnellfahrstrecke Wendlingen–Ulm im Dezember rund 15 Minuten weniger Zeit brauchen. Zwischen den beiden Landeshauptstädten soll es täglich 20 Fahrten mehr geben, insgesamt 90 am Tag. So würden auch die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Bayern noch schneller und häufiger miteinander verbunden, sagte Peterson. Künftig können Fahrgäste zweimal pro Stunde umsteigefrei zwischen Köln und München reisen. Die ICE-Linie Dortmund/Düsseldorf–Stuttgart über Köln und Mannheim wird bis Ulm, Augsburg und München verlängert.

Auch die Verbindungen ins europäische Ausland werden erweitert. Mit ihren Partnerbahnen stockt die DB zum Beispiel die Direktverbindungen zwischen Stuttgart und Zürich von Oktober 2023 an von acht auf bis zu 13 tägliche Fahrten auf. Zum Einsatz kommen doppelstöckige Intercityzüge. Berlin und Warschau wollen die DB und die polnische PKP von März 2023 an mit einem zusätzlichen sechsten Zugpaar verbinden, die Fahrzeit soll sich von Dezember an bei allen Fahrten um rund zehn Minuten verkürzen.

Mehr Nachtzüge in den Süden mit Hilfe der ÖBB

Im Nachtreiseverkehr profitieren Fahrgäste von den Österreichischen Bundesbahnen, nachdem die DB ihre Schlafwagen komplett aufgegeben hat und ausschließlich Nachtzüge mit Sitzplätzen anbietet. Teils werden auch Intercity-Sitzwagen bei ÖBB-Nachtzügen ankoppelt – zum Beispiel auf der neuen Linie von Zürich nach Berlin und Prag, die auch in Erfurt, Halle und Leipzig halten wird.

Insgesamt sollen weitere zwölf deutsche Städte einen direkten Nachtzug-Anschluss ins europäische Ausland bekommen. So ändert der bestehende Nachtzug Zürich–Hamburg mit dem Fahrplanwechsel im Norden seine Route und bindet dann auch Bruchsal, Heidelberg, Darmstadt, Hanau, Verden und Nienburg an den internationalen Nachtzugverkehr an. Zudem startet der bisherige Nachtzug München–Venedig/Rijeka/Zagreb/Wien/Budapest nun bereits in Stuttgart und bietet außerdem Halte in Göppingen, Ulm und Augsburg an.

Bis 2029 will die Bahn zehn Milliarden Euro in Ausbau und Modernisierung der Flotte investieren und den Deutschlandtakt umsetzen. Der soll bundesweit wieder viel mehr leistungsfähige Zugverbindungen schaffen, nachdem über Jahrzehnte das Streckennetz geschrumpft und vor allem in der Fläche vernachlässigt worden ist. Eine Folge davon ist ein gewaltiger Sanierungsstau, der nun für lange Zeit zu einer Flut von Baustellen und massiven Verspätungen und Ausfällen im Zugverkehr führt. Im Sommer kamen nicht einmal mehr drei von fünf DB-Fernzügen halbwegs pünktlich ans Ziel.