Der neue Mann an der Spitze der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart bringt den Mitgliedern eine frohe Botschaft mit: Die Unternehmen können auf eine weitere Rückzahlung von Beiträgen hoffen.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - An seinem ersten Arbeitstag als Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart wird Johannes Schmalzl an diesem Donnerstag nicht nur Frühstück für Stuttgarter Obdachlose verteilen. Auch für die Mitgliedsunternehmen der Kammer bringt der neue Mann an der Spitze gleich eine gute Botschaft mit: „Die Unternehmen können auf eine weitere Rückzahlung von Beitragen hoffen“, kündigte Schmalzl dieser Zeitung an.

 

Im September hatte bereits IHK-Präsidentin Marjoke Breuning den Unternehmen eine Beitragsrückzahlung von 3,2 Millionen Euro in Aussicht gestellt – vorbehaltlich eines Jahresabschlusses, bei dem dafür genügend Geld in der Kasse bleibt. Dank der guten Konjunktur dürfte ein solches Ergebnis erreicht werden. Nach den Worten von Schmalzl könnte es nun sogar noch etwas mehr werden – vorbehaltlich eines Beschlusses von Präsidium und Vollversammlung. „Wenn Überschüsse da sind, werden sie zurückgegeben. Die Kammer nimmt nur soviel ein, wie sie braucht, um arbeiten zu können.“

Gehalt wird offengelegt

Sein eigenes Gehalt werde künftig auch offengelegt, sagte Schmalzl. Das Präsidium der Kammer habe inzwischen einen entsprechenden Beschluss gefasst. Verkündet werde dieser aber von der Präsidentin. Der frühere Stuttgarter Regierungspräsident hatte dieser Zeitung schon Anfang Juni erklärt, für ihn sei es kein Problem, wenn sein Gehalt bekannt sei. Schon in seiner Tätigkeit als Landesbeamter sei das Gehalt offengelegt gewesen. Auch bei Bundesunternehmen, für die er in seiner Tätigkeit als Abteilungsleiter im Berliner Finanzministerium tätig gewesen sei, habe er für eine Offenlegung der Gehälter der Spitzenmanager gesorgt. Sein künftiges Gehalt werde wohl im unteren Bereich der bei großen Kammern gezahlten Gehälter liegen.

Näheres öffentlich darzulegen sei allerdings Aufgabe des Präsidiums. Dies gelte auch für die Frage, ob es bestimmte variable Gehaltsbestandteile gebe. Dass nur wenige Kammern bekannt geben, wie viel ihre Hauptgeschäftsführer verdienen, ist bundesweit einer der Hauptangriffspunkte von Kammerkritikern. Wer nur wegen eines hohen Gehalts an der Spitze einer IHK stehen wolle, sei dort „fehl am Platze“, sagte Schmalzl. Außerdem sei es richtig, dass die Mitgliedsbetriebe einer Kammer erfahren könnten, wie viel ihr Hauptgeschäftsführer verdiene.

Schmalzl will auf Kritiker zugehen

Auf Kammerkritiker wie die Kakteen-Gruppe, die 34 der 100 Sitze in der Vollversammlung hat, werde er zugehen, kündigte der neue Hauptgeschäftsführer an. Schon als früherer Regierungspräsident habe er sich in Streifragen stets um ein ausgewogenes Urteil bemüht. In den ersten 100 Tagen nach seinem Arbeitsbeginn wolle er versuchen, möglichst mit allen 100 Mitgliedsunternehmen der Vollversammlung zu sprechen.

Mit Blick auf die Auseinandersetzungen um Stuttgart 21 – viele „Kakteen“ gehören zu den Kritikern des Bahnhofsprojekts – erklärte Schmalzl, zu seinem Wesen gehöre es nicht, zu provozieren. Andererseits könne aber in den Vollversammlungen auch nicht ausufernd über Stuttgart 21 und allgemeinpolitische Themen diskutiert werden. Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Sommer die Pflichtmitgliedschaft bei den Industrie- und Handelskammern bestätigt habe, werde er aber auch den Hinweis der Richter zum Umgang mit Minderheiten sehr ernst nehmen. „Mein Anliegen ist es, auch die Minderheiten zu schützen“, sagte Schmalzl.

Das Gericht hatte in seiner Entscheidung erklärt, eine Kammer müsse bei öffentlichen Erklärungen auch abweichende Meinungen darlegen. „Am Ende muss aber eine Mehrheitsentscheidung akzeptiert werden“, so Schmalzl. Die mangelnde Präsenz in der Vollversammlung, die auch schon zur Beschlussunfähigkeit geführt habe, sei auch darauf zurückzuführen, dass viele Unternehmer sich nicht an ausufernden Debattenbeteiligen wollten.

Kleine Firmen bekommen Hilfe bei Digitalisierung

Als eine der wichtigsten Aufgaben der Kammer in den kommenden Jahren bezeichnete der neue Hauptgeschäftsführer die Aus- und Weiterbildung. „Dabei kommt es besonders auch darauf an, die kleineren und mittleren Unternehmen in Sachen Digitalisierung zu unterstützen“, so Schmalzl.

Fahrverbote seien für ihn keine Lösung. Zusammen mit Stadt und Region müsse ein ganzes Bündel von Maßnahmen zur Luftreinhaltung geschnürt werden. Auch Mooswände zählt er dazu. Andere hatten die am Stuttgarter Feinstaub-Brennpunkt Neckartor aufgestellten Wänden kritisiert. Auf längere Sicht müsse auch eine neue Auffahrt auf die Filder kommen: Es sei „untragbar“, dass Autofahrer Fellbach und Waiblingen an der Staatsgalerie vorbei müssten, wenn sie zum Flughafen fahren wollten, betonte Schmalzl. „Ganz oben auf der Agenda“ stehen für ihn auch die politischen Rahmenbedingungen für die Unternehmen. Dies wünschten sich beispielsweise eine steuerliche Förderung von Ausgaben für Forschung und Entwicklung.