Blick zurück und nach vorne (von links): IHK-Geschäftsführerin Marion Oker, Andreas Hadler, Vizepräsidentin Christina Almert, Udo Di Fabio und Andreas Weeber Foto: IHK/Dimitri Drofitsch
Der scheidende Böblinger IHK-Präsident Andreas Hadler übergab den Staffelstab an Nachfolger Andreas Weeber. Gastredner war Verfassungsrichter a.D. Udo di Fabio, der prägnante Worte fand für die gegenwärtigen Herausforderungen.
Für die Industrie- und Handelskammer (IHK) im Kreis Böblingen endet eine Ära: In einer feierlichen Zeremonie übergab Andreas Hadler nach 16 Jahren das Amt des Präsidenten an Andreas Weeber. Die Veranstaltung, die von vielen Unternehmern, Politikern und Wegbegleitern Hadlers besucht wurde, markierte zugleich den Beginn eines neuen Kapitels für die IHK. Andreas Hadler ließ in seiner Abschiedsrede seine Amtszeit Revue passieren, deren Beginn in wirtschaftlich turbulente Zeiten fiel.
„Vor 16 Jahren habe ich das Amt in einer Ausnahmesituation übernommen. Eine exogene Schockwelle, ausgelöst durch die Finanz- und Bankenkrise, setzte alles unter Druck. Aufträge brachen weg, Kreditinstitute wurden nervös“, sagte Hadler. Doch die heutige wirtschaftliche Lage sei grundlegend anders, so Hadler weiter. Eine strukturelle Krise habe sich seit Jahren aufgebaut: „Ukraine-Krise, Nahost-Konflikte, Corona und viele weitere globale Umstände haben uns verletzlich gemacht“, sagte Hadler.
Alter und neuer IHK- Präsident Andreas Hadler (l.) mit Andreas Weeber und dem symbolischen Staffelstab aus Schokolade Foto: IHK/Dimitri Drofitsch
Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sei durch steigende Energiepreise und Bürokratie zunehmend bedroht. Auch der Fachkräftemangel und die fehlende Investitionsdynamik seien Themen, die dringend angegangen werden müssten. In seiner Schlussbemerkung forderte Hadler mehr Vertrauen in die Entscheidungskraft der Unternehmen in der Region: „Vertrauen und nicht Kontrolle sind das Fundament einer gemeinsamen Zukunftsgestaltung“, sagte er und übergab damit symbolisch das Ruder an Andreas Weeber.
Der neue oberste Repräsentant der Wirtschaft im Kreis Böblingen betonte mit einem Schmunzeln die Kontinuität in Werten und Zielen, die der gleiche Vorname mit sich bringe: „Allerdings habe ich einen anderen Nachnamen und das deutet darauf hin, dass wir sicher auch manches anders angehen werden“, sagte Weeber. „Possibilistisches Denken“ – ein Begriff, den Weeber verwendete, um eine positive Herangehensweise an Krisen zu beschreiben – ist für ihn zentral.
Firmen brauchen „Luft zum Atmen“
„Jede Krise birgt auch Chancen“, sagte der neue Präsident. „Wir dürfen uns nicht von den Herausforderungen überwältigen lassen. Vielmehr müssen wir aktiv anpacken und die Schwierigkeiten als Gelegenheit zur Weiterentwicklung nutzen.“ Klare Kritik äußerte er an den bürokratischen Hürden, die „das wirtschaftliche Leben ersticken“, sagte der IHK-Präsident. Es sei wichtig, dass Unternehmen die notwendige „Luft zum Atmen“ bekämen, um Innovationen voranzutreiben. Immerhin: „Unsere duale Ausbildung ist unsere Geheimwaffe und wird weltweit beneidet“, betonte Weeber.
Wortgewaltig: Udo Di Fabio Foto: IHK
Als Gastredner kam erneut der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht, Udo Di Fabio, zur IHK nach Böblingen – wie schon zum Neujahrsempfang 2018. Der zweifach promovierte und habilitierte Staatsrechtler beschwor in einem flammenden Plädoyer das hohe Gut der Demokratie. Mit viel Scharfsinn spannte er einen Bogen von der untergehenden Weimarer Republik in den 1920er Jahren über die Zersplitterung der Gesellschaft und der aktuellen Geopolitik bis zur hiesigen Wirtschaft.
Di Fabio: „Wir kommen aus einer schier endlosen Schönwetterphase, in der wir vergessen haben, wo der Schirm steht“, sagte er und mahnte in deutlichen Worten, die „soziale Marktwirtschaft stark zu halten als Grundlage der Demokratie.“ Deindustrialisierung und überbordende EU-Regulierungswut seien „kein Konzept für Deutschland.“ In Anbetracht all der geopolitischen Herausforderungen und erstarkender Autokratien à la Trump verbreitete Di Fabio Zuversicht: „Die Demokratie war immer die überlegene Gesellschaftsform, das Prinzip der Freiheit ist stärker.“