Die High Fidelity Bar im Stuttgarter Bohnenviertel ist „work in progress“: Zum Start seines Lokals im Juli 2019 war Bernd Kreis zufrieden damit, „die besten Sandwiches der Stadt“ zu servieren, Sanguches heißt das Streetfood aus der Heimat seiner Frau Roxana Naranjo-Kreis. Ein Jahr später landete mit Rafael Montero ein Koch aus Peru in seiner Küche und die Speisekarte wurde ausgebaut. Nun ist Juan Carlos Urbina Arce dazu gestoßen, der Culinary Arts in Lima studierte und dort unter anderem im Central, dem besten der 50 weltbesten Restaurants arbeitete sowie im Zwei-Sterne-Lokal Yoann Conte in Annecy und bei La Clair de Plume (ein Stern) in Südfrankreich.
Authentisch peruanisch und erstklassig
Mittlerweile lautet das Ziel von Bernd Kreis, „ein authentisches peruanisches Geschmackserlebnis der ersten Klasse“ zu bieten. Ob es gelingt? Was für eine Frage! Der Sommelier strebt „nach Exzellenz“, ohne diesen Ehrgeiz hätte er es nicht zu seinen zahlreichen Auszeichnungen für seine Weinauswahl gebracht. Das High Fidelity hat er damit zu einem der spannendsten Lokale in Stuttgart gemacht. Das liegt am Jazz, den er selbst auflegt, an den Weinen, klar, und am Essen, das in der Form in der Stadt noch nicht zu haben war. Die Zutaten sind ebenso besonders wie die Zubereitung, und zu jedem Gericht liefert der Patron viele Erklärungen.
Das erstklassige Geschmackserlebnis beginnt beim Tiradito de trucha con ají amarillo (25 Euro), eine Art Carpaccio von der Lachsforelle in gelber Chilimarinade mit Maiskörnern und Süßkartoffelstückchen, das frisch und befeuernd ist. Dazu wird ein Riesling Kabinett vom Rheingau (48 Euro die Flasche) ausgeschenkt, perfekt! Die frittierte Yuca zur Vorspeise (8 Euro) mit Salsa macht mehr wegen ihrer Exotik Spaß, die Tropenkartoffel Maniok ist aber wesentlich mehliger und blasser als die hier bekannte Variante. Die steht als krosse Papas fritas mit zwei Soßen (8 Euro) auf der Karte und schafft für wenig Geld eine solide Grundlage für viel Wein. Für Feinschmecker ist der in hauchdünne Scheiben geschnittene Oktopus (18 Euro), der sich mit einer Olivencrème vom mediterranen Einheitstintenfisch abhebt.
Zarte Lammhaxe und ein Nachtisch, der es in sich hat
Die wohl beste, zarteste Lammhaxe (39 Euro) ist als Hauptgericht zu empfehlen – kombiniert mit einer kräftigen Soße, die aus viel frischem Koriander gekocht wird, und dem rustikalen Reis-Bohnen-Fladen namens tacu tacu, an dem sich die afrikanischen Sklaven satt aßen. Arroz con mariscos (29 Euro) ist ein Meeresfrüchterisotto, denn Perus Küche ist ein Mix aus internationalen Einflüssen, das aber viel intensiver als die Version aus Italien schmeckt. Dass der Peruaner gerne isst und gerne reichhaltig, sagt Bernd Kreis mehrfach an dem Abend und zuletzt vor dem Servieren des unglaublich sahnigen Nachtisches Tres Leches (12 Euro).
High Fidelity, Brennerstraße 23, Stuttgart, 07 11 / 248 43 30. Geöffnet Dienstag bis Donnerstag 18 bis 24 Uhr, freitags und samstags bis 1 Uhr. www.highfidelity.bar
Bewertung
Essen 4 Service 5 Atmosphäre 5
Legende ***** = herausragend, ****= überdurchschnittlich, *** = gut, **= Luft nach oben, * = viel zu verbessern