Mit der Kür von Reinhard Grindel als Kandidaten für das Amt des DFB-Präsidenten verbinden die Landesverbände ihre Sehnsucht nach einem Neustart, findet StZ-Sportredakteur Heiko Hinrichsen.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Die Spitzen des Amateurlagers im Deutschen Fußball-Bund (DFB) nehmen mit ihrem einstimmigen Votum für den Schatzmeister Reinhard Grindel als Präsidentschaftskandidaten das Heft des Handels in die Hand. Dabei leiten sie ihren Führungsanspruch nicht allein aus der Tatsache ab, dass sie auf dem DFB-Bundestag über die Zweidrittelmehrheit der 259 Delegiertenstimmen verfügen.

 

Schließlich schwingt in der Geschlossenheit der Spitzen aller 21 Landes- und fünf Regionalverbände auch ein Misstrauen gegenüber dem Profilager mit. Der zurückgetretene Wolfgang Niersbach ist ein Kind des professionellen Fußballs – und darf in seiner vierjährigen Ära als elfter Präsident des DFB als gescheitert gelten. Egal, wie tief er letztlich persönlich in die Verfehlungen rund um die Vergabe der Fußball-WM 2006 verstrickt gewesen ist.

Die Kür Grindels steht aber auch für den Wunsch des Amateurlagers nach einem schnellen Neuanfang. In Zeiten, in denen sich auf prominente Lichtgestalten wie Franz Beckenbauer oder Günter Netzer der Schatten des Zweifels legt, ist die Sehnsucht nach einem unverbrauchten Gesicht an der Verbandsspitze nachvollziehbar. Zumal die Deutsche Fußball-Liga (DFL) bisher Reinhard Rauball als ihre einzige Alternative präsentierte. Einen Mann, der seinerseits sehr früh abgewinkt hat.

Es müssen auch strukturelle Veränderungen her

Klar ist aber auch, dass eine Wahl Grindels nicht alle Probleme im Handstreich lösen würde. Denn es müssen neben personellen vor allem strukturelle Veränderungen her. So ist etwa im Millionengeschäft Fußball ein Ehrenamt nicht mehr mit der Position des DFB-Präsidenten vereinbar.

Als Schatzmeister besitzt Reinhard Grindel immerhin den nötigen Stallgeruch; als ehemaliger ZDF-Studioleiter in Berlin und Brüssel halten ihn die Landesfürsten außerdem vom Auftritt her für „äußerst präsidiabel“. Das ist gewiss kein Nachteil. Doch als edler Ritter mit reiner Weste schlüpft Grindel nicht in die Rolle des Topfavoriten fürs Präsidentenamt. So enthielt sich der CDU-Abgeordnete etwa 2014 der Stimme, als der Bundestag das Gesetz zur Strafbarkeit von Beamtenbestechung mit deutlicher Mehrheit verabschiedete. Ein Verhalten, das zumindest erste Zweifel an Grindels Eignung aufkommen lässt.