Astrid Fritz legt ihren neuen Mittelalter-Krimi „Das Siechenhaus“ vor. Es geht um Frauenschicksale, Christentum, Ketzereivorwürfe und um die Leprakranken im Freiburger Siechenhaus

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Waiblingen - Auch wenn es sich nicht schickt, etwas vom Ende eines Krimis zu verraten, ein Stilmittel sei offen gelegt: Es gibt einen sogenannten Cliffhanger, ein offenes Ende, in Astrid Fritz’ neuem Mittelalterkrimi „Das Siechenhaus“, der Fans der Begine Serafina ins Grübeln bringen wird. Den Rest muss der Leser aber selbst herausfinden.

 

Wieder hat sich die Waiblinger Schriftstellerin („Die Hexe von Freiburg“) eines historischen Stoffes aus dem 15. Jahrhundert angenommen. Es ist der dritte Band mit ihrer Begine Serafina, die in Freiburg im Breisgau zur Zeit des Konstanzer Konzils in einer christlichen Frauengemeinschaft lebt. Die Beginen führten zwar ein ordensähnliches Leben, ihre Gelübde des Gehorsams und der Ehelosigkeit waren jedoch nicht endgültig. Deshalb kam es auch immer wieder zu Anfeindungen bis hin zum Vorwurf der Ketzerei. „Eine Begine konnte sich in der spätmittelalterlichen Stadt freier bewegen als andere Menschen, da diese Frauen sich um Menschen aller Stände kümmerten“, erläutert Astrid Fritz, warum sie ihre neugierige Detektivin in der Beginen-Gemeinschaft von Sankt Christoffel angesiedelt hat. Dieses Beginenhaus hat in Freiburg tatsächlich existiert, wie auch viele andere Details des mittelalterlichen Stadtbilds tatsächlich vorhanden waren oder sogar noch sind. Mit den Serafina-Krimis kann man gedanklich regelrecht durch die Altstadt Freiburgs spazieren.

Das Freiburger Siechenhaus als Tatort

„Die Krimihandlung ist allerdings frei erfunden“, betont die Schriftstellerin. Obwohl ihr die Idee aufgrund einer tatsächlichen Begebenheit gekommen sei, die sie während der Recherche zu ihrem neuen Buch entdeckt hatte. Dessen Handlung dreht sich um das Siechenhaus Freiburgs, das an der Baseler Landstraße außerhalb der Stadtmauern stand. Dort mussten die Leprakranken, genannt „die Gutsleute“, leben, denn der Aufenthalt in der Stadt war ihnen verboten. Zu groß war die Angst vor der Ansteckung mit dem Aussatz, für den es keinerlei Heilung versprechende Behandlung gab.

Bei wem die Krankheit festgestellt wurde, dem blühte ein furchtbares Urteil: „immundus et leprosus“ galt er als „unrein und aussätzig“. Ein Lebender wurde ausgesegnet wie ein Toter und entweder – so vorhanden – in ein Siechenhaus gesteckt oder er musste mit Klapper und Kutte als Aussätziger gekennzeichnet über Land ziehen. Dabei konnte es auch vorkommen, dass jemand wegen eines harmlosen Ausschlags zum Aussätzigen abgestempelt wurde.

Um solch einen Fall dreht sich die Handlung des Romans. Zusammen mit Serafina betritt der Leser die bizarre Welt der lebenden Toten, die von Zuwendungen aus der Stadt, aber auch als Selbstversorger von eigener Landwirtschaft lebten. Die Regeln eines solchen Siechenhauses sind überliefert. „Ich habe einen dicken Wälzer zu Hause, in dem es um die Regelungen der sozialen Einrichtungen einer Stadt im 15.Jahrhunderts geht“, sagt Astrid Fritz.

Astrid Fritz liest im März in der Stadtbücherei

So mussten die Aussätzigen das Gesicht abwenden, wenn sie mit einem Gesunden sprachen. „Man ahnte damals schon, dass die Ansteckung über Tröpfchen stattfinden kann.“ Die Ansteckung sei jedoch nur durch längeren engen Kontakt erfolgt, wenn man zusammen im selben Bett schlief oder aus dem selben Becher trank. Die hygienischen Zustände der Zeit waren Ursachen für die Ausbreitung der von Bakterien ausgelösten Erkrankung. Ende des 16. Jahrhunderts war die Lepra in Deutschland so gut wie verschwunden.

Der spannende Krimi, der zum Schluss noch eine völlig unerwartete Wendung nimmt, sorgt schließlich mit besagtem offenen Ende dafür, dass die Spannung nicht abreißt. Astrid Fritz liest daraus am 15. März um 19.30 Uhr in der Waiblinger Stadtbücherei vor.