Matthias Bochert ist der neue Schulleiter des Gymnasiums in Ditzingen. Er ist in der Glemsaue kein Unbekannter. Was hat sich der Chef vorgenommen?

Schulleiter werden? Vorgenommen habe er sich das nie, sagt Matthias Bochert, der seit 2005 Lehrer für evangelische Religion, Geografie und Geschichte am Ditzinger Gymnasium in der Glemsaue ist – und jetzt dessen Chef. Eine Gegenkandidatin habe er gehabt, weshalb nicht klar gewesen sei, ob er zum Zug komme – nachdem ihm klar war, dass er doch Schulleiter werden will, der Nachfolger von Felix Stadtfeld. „Ich hatte schon immer das Gefühl, nach Hause zu kommen, wenn ich die Schule betrete“, sagt Matthias Bochert. Und als Schulleiter habe er die Möglichkeit, Dinge selbst zu gestalten, etwas einzubringen. „Gerade jetzt ist es wichtig, Verantwortung zu übernehmen“, findet Bochert, 1976 in Hildesheim geboren. Die Gesellschaft drifte in vielen Teilen auseinander. Zudem sei Bildung ein entscheidender Schlüssel und der Job des Schulleiters eine sinnvolle Aufgabe. „Ausschlaggebend war, dass ich hier etwas Wichtiges mache“, sagt Matthias Bochert. Das Gymnasium sei eine gute Schule, die er weiterentwickeln wolle, mit etwa 70 guten, motivierten Lehrern an Bord, die etwas bewegen wöllten.

 

Ziele hat sich der neue Schulleiter einige gesetzt. Zum Beispiel, dass sich die Schülerinnen und Schüler mit dem Gymnasium identifizieren. Oder, wie Matthias Bochert es formuliert: „Ich will einen school spirit entwickeln.“ Aus Rückmeldungen wisse er, dass noch zu wenig Identifikation herrsche. Zu wenig von der Denke, das Gymnasium sei eine gute Schule, die man gern besuche, ein Ort, an dem man sich ernstgenommen fühle. Matthias Bochert wünscht sich: Die Schüler sollen spüren, dass es in der Glemsaue viele für sie engagierte Menschen gibt. „Ich sage immer zu meinen Schülern, dass alle gleich wertvoll sind, unabhängig von den Noten“, sagt Matthias Bochert. Seiner Meinung nach darf es nicht nur um Leistung gehen. „Sie bestimmt nicht unsere Welt.“

Lange Jahre die Stimme der Lehrer

Wie er das Ziel erreichen will? Mit kleinen Dingen, sagt Matthias Bochert. So werden seit dem Ende des vergangenen Schuljahrs Lehrkräfte, die gehen, feierlich verabschiedet und zu Beginn eines neuen Schuljahrs neue Lehrkräfte vorgestellt. „Das ist nur eine kleine Geste, die aber eine Bedeutung hat“, meint Matthias Bochert. Auch das Sommerfest sei wichtig, ebenso wie ausgezeichnete Schüler publik zu machen. Ideen würden gerade entstehen, so Bochert, der, wie er auch sagt, als Chef den Bottom-up-Ansatz verfolgt: Das Kollegium soll sich beteiligen, mitreden, mitbestimmen, Ideen einbringen.

Was es umtreibt, weiß der Ditzinger auch deshalb, weil er als Vorsitzender des Personalrats am Gymnasium acht Jahre lang die Interessen des Kollegiums gegenüber der Schulleitung vertrat. Deren Perspektive, Platz er nun eingenommen hat. Mit einer Probezeit von einem Jahr. So schreibt es das Schulamt grundsätzlich vor.

Täglich elf Stunden am Arbeitsplatz

Kaum mehr unterrichten als Schulleiter

Matthias Bochert sagt, nach wie vor bekomme er von den Lehrkräften Rückhalt und Rückenwind. Jedoch sei es eine Herausforderung, „dass ich jetzt der bin, der Ansprüche formuliert“. Was aber gut funktioniere: „Die Basis für Autorität ist Vertrauen und Kompetenz.“ Beides sei vorhanden, um den Rollenwechsel zu ermöglichen.

Gleichwohl: Der Vater von drei Kindern nimmt einiges in Kauf für sein neues Amt. So verbringt er derzeit elf Stunden täglich am Arbeitsplatz. „Schulleiter sind Kritik ausgesetzt und haben immer mehr Aufgaben zu bewältigen“, sagt Bochert. Davon könne er aber kaum was delegieren. Das Unterrichten hat einen nur noch geringen Umfang. Stand er als Lehrer 20 Stunden pro Woche im Klassenzimmer, sind es jetzt noch vier Stunden. Er hofft mittelfristig auf sechs Stunden. „Es blutet mir das Herz“, gibt Matthias Bochert zu. Der dies auch mit Blick auf seine zweite Leidenschaft sagt, die nun zu kurz kommt: das Theaterspielen, privat wie schulisch.

„Die Sprache ist der Schlüssel“

Über kurz oder lang AG reaktivieren

Matthias Bochert stand schon als Schüler auf der Bühne, als Student in Tübingen hat er seine Liebe zum Improvisationstheater entdeckt. Es bereite ihm Spaß, spontan und schlagfertig zu reagieren. Und schließlich sei Improtalent auch als Lehrer und Schulleiter gefragt. Am Gymnasium gründete er anno 2007 die AG „Improsecco“, in einer Zeit, als in Ditzingen Improtheater noch keiner gekannt habe. Für sein Engagement hat er im Jahr 2019 den Kulturpreis der Stadt erhalten. Zurzeit ist die AG inaktiv, denn Matthias Bochert fehlt die Zeit, um sie neu aufzubauen, nachdem die Abiturienten weg sind. „Ich pausiere, bin aber fest entschlossen, die AG wieder aufzunehmen.“ Dann soll es auch wieder Auftritte geben. Es sei wichtig, die Schule mit der Stadt zu vernetzen, sie zu einem Teil des Stadtlebens zu machen.

Aus Bocherts Sicht ist die Integration eine größere Herausforderung als Corona. Heute seien Schüler mit Deutsch als zweiter Sprache fester Bestandteil. „Wir müssen in einer immer bunter werdenden Gesellschaft integrativ wirken und das gymnasiale Niveau beibehalten“, sagt Matthias Bochert. Das Gymnasium sei auch eine Schule, die den Aufstieg ermögliche und aufs Studium vorbereite. Insgesamt werde es immer wichtiger, die Gesellschaft zusammenzubringen. „Die Sprache ist der Schlüssel.“