Die Initiative Sendemast Rohrer Höhe findet deutliche Worte auf eine Stellungnahme von Baubürgermeister Peter Pätzold zur Errichtung eines Funkturms im Wohngebiet.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Rohr - Das Urteil der Initiative ist deutlich: „Die Begründung liest sich wie ein zweitklassiger Praktikantenbericht aus den Federn der Deutschen Funkturm GmbH – mit fehlendem Tiefgang und verschleiernden Halbwahrheiten“, schreiben die Anwohner in einer Stellungnahme. Seit Monaten versuchen sie, den Bau eines weiteren Funkturms in ihrem Wohngebiet zu verhindern. Im März schrieben sie einen offenen Brief an die Stadtverwaltung und an Oberbürgermeister Fritz Kuhn mit der Bitte, Alternativen für den vorgesehenen Standort zu prüfen. Im Juni antwortete ihnen Baubürgermeister Peter Pätzold. Mit der Antwort ist die Initiative Sendemast Rohrer Höhe unzufrieden. In einem Schreiben nehmen die Mitglieder Stellung und fordern die Verwaltung auf, die Eignung des betreffenden städtischen Flurstücks 403 für den Bau des Sendemasts infrage zu stellen.

 

Gemeinderat soll erneut über Standort abstimmen

Die Bürger kritisieren unter anderem, dass die Stadträte im Unterausschuss Mobilfunk der Standortwahl im Dezember 2016 mehrheitlich zugestimmt haben, aber die Anwohner seien erst im Dezember 2017, schriftlich über die Pläne informiert worden. „War zu diesem Termin die Entscheidung seitens der Stadtverwaltung bereits getroffen? War die Benachrichtigung durch das Baurechtsamt lediglich eine formale Pflichtübung?“, fragen die Mitglieder der Bürgerinitiative. Sie wünschen sich, dass der Unterausschuss in öffentlicher Sitzung erneut über einen Standort abstimmt. Sie glauben, dass das Ergebnis dieser Abstimmung wegen ihres Widerstands ein anderes sein wird.

Die Verwaltung nennt in ihrer Stellungnahme mehrfach fehlende Bereitschaft der Bürger als Grund für den gewählten Standort. Kein Eigentümer sei bereit gewesen, sein Dach für den Masten zur Verfügung zu stellen, keiner habe einen Mietvertrag mit der Telekom abschließen wollen, auch die Umsetzung einer mobilfunkbasierten Kleinzellentechnik scheitere an der fehlenden Bereithaft der Eigentümer, ihre Grundstücke an Mobilfunkbetreiber zu vermieten. „Einige der vorhandenen Funkübertragungsanlagen wie die auf dem Hans-Rehn-Stift befinden sich an Standorten der öffentlichen Hand. Warum zeigt die Stadtverwaltung nicht selbst die Bereitschaft, die Mietverträge für Nachrüstungen, Modernisierung und Mitbenutzung anzupassen?“, fragt die Initiative. Und weiter: „Verringert sich etwa die Strahlenbelastung bei auf Privateigentum errichteten Sendern? Was ändert das am Strahlenrisiko? Warum wohl lassen sich keine Privateigentümer zur Errichtung einer Übertragungsanlage finden?“ Der Grund sei offensichtlich. „Die Bürger wollen neben den fünf vorhandenen Funkübertragungsanlagen keine weiteren in unmittelbarer Nähe ihres Wohngebiets haben.“ Mehr als 100 Einsprüche gegen das Bauvorhaben und 585 Unterschriften für einen Alternativstandort sprächen eine deutliche Sprache. „Da stellt sich die Frage, weshalb die Stadt Stuttgart – ohne den Willen ihrer Bürger zu respektieren – so bereitwillig eine an dicht bebautes Wohngebiet grenzende, bisher naturbelassene Wiese mit schönem Baumbestand für gewerbliche Zwecke zur Verfügung stellt“, schreiben die Rohrer.

Neue Betroffenheiten seien nicht nachvollziehbar

Den Wunsch nach einem Alternativstandort im Wald hatte Bürgermeister Pätzold mit dem Verweis auf eine „Vielzahl neuer Betroffenheiten“ abgelehnt. In dem Landschaftsschutzgebiet Glemswald befänden sich bereits mehr als zwei Dutzend Sendemasten, schreibt die Initiative. Die neuen Betroffenheiten seien somit „nicht nachvollziehbar“. Auch das Argument, ein Eingriff würde sich „weder naturschutzrechtlich noch forstrechtlich rechtfertigen“, sieht die Initiative damit entkräftet. Es gebe im Wald genug befahrbare Wege, um den Masten und die dazugehörige Infrastruktur ohne großen Aufwand zu errichten.

„Armutszeugnis“ für eine grün geführte Verwaltung

Bei einer Verschiebung des Sendemasts müsste die Sendeleistung erhöht werden, argumentiert die Verwaltung. Die Verschiebung in den Wald generiere somit keine „immissionsschutzrechtlichen Vorteile“. Die Anwohnerinitiative kontert das mit Zahlen. Mit dem physikalischen Abstandsgesetz lässt sich die Abnahme der Strahlungsintensität mit wachsender Entfernung zur Quelle oder zum Sender berechnen. Eine Verschiebung von 150 Metern vermindere demnach „die mittlere Strahlungsintensität auf die umliegenden Anwohner bereits um 95 Prozent, also auf fünf Prozent der Intensität des aktuell geplanten Standorts“, heißt es in der aktuellen Stellungnahme. Eine 16-prozentige Erhöhung der Sendeleistung sei dabei schon berücksichtigt. Diese sei notwendig, um die gleichwertige Reichweite von zwei Kilometern zu erhalten. Bei einer Verschiebung um 100 Meter betrage die Reduzierung 92 Prozent, bei 50 Metern seien es noch 82 Prozent. Zwar sei es richtig, dass durch die Versetzung des Funkturms auf die Sendeleistung der Handys erhöht werden müsse, nämlich ebenfalls um 16 Prozent. „Aber jeder einzelne Nutzer entscheidet selbst über seine ganz persönliche Strahlenbelastung“, so die Initiative.

Die meisten Anwender nutzen nach ihrer Angabe wann immer möglich WLAN. „Das spart Kosten und reduziert die Outdoor-Strahlenbelastung erheblich.“ Dass die Stadt kein kommunales Mobilfunk-Vorsorgekonzept aufstellen will, ist für die Initiative darüber hinaus ein „Armutszeugnis für einen grünen Oberbürgermeister, einen grünen Baubürgermeister und eine grün geführte Stadtverwaltung“.