Bei Bauarbeiten für den neuen Stadtpark auf dem Walckerareal stößt das Denkmalamt auf Reste der ältesten Kaserne in Ludwigsburg. Daher verzögert sich die Errichtung eines neuen Parkhauses.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Sie war die erste Kaserne, die in Ludwigsburg jemals gebaut wurde – allein das verleiht ihr in einer Stadt, die derart lange militärisch geprägt war, eine besondere Bedeutung. Sie war aber auch, so berichten es alte Quellen, besonders beliebt bei den Soldaten. Die Talkaserne, errichtet 1736, wurde im Volksmund Lochkaserne genannt, der Grund: Die Gebäude standen, unweit des Residenzschlosses und von Schloss Favorite, in einer Senke, oder: in einem Loch. Zu erkennen ist dieses Loch heute noch, neben der Bundesstraße 27, die an dieser Stelle einen großen Bogen um das Gelände macht. „Wegen der geschützten Lage galt die Talkaserne bei den Soldaten als die gesündeste Kaserne der Stadt“, berichtet der promovierte Historiker und Stadtarchivar Simon Karzel.

 

Weniger zugig, das heißt: weniger Schnupfen. Und noch einen Vorteil hatte die etwas abgeschiedene Lage: Weil der Weg dahin recht beschwerlich für die alten Regimentsoberen war, kamen sie seltener zu Besuch, um nach dem Rechten zu sehen. „Die Soldaten waren dort offenbar nicht so stark der Kontrolle der Vorgesetzten ausgeliefert wie anderswo“, sagt Karzel.

Die Lochkaserne ist aus dem Bewusstsein verschwunden

Das alles ist überliefert, und trotzdem ist die Talkaserne weitgehend aus dem Bewusstsein der Stadt verschwunden. Vor 50 Jahren wurden die Gebäude abgerissen. Doch jetzt sind bei Bauarbeiten für den neuen Ludwigsburger Stadtpark an dieser Stelle Überreste gefunden worden. „Die unterirdisch erhaltenen Teile der Talkaserne stellen ein für die Stadtentwicklung, Stadt- und Militärgeschichte des Landes Württemberg und speziell der Garnisonsstadt Ludwigsburg herausragendes archäologisches Kulturdenkmal dar“, erklärt das Landesamt für Denkmalpflege. Direkt unter dem Schottergrund eines Bolzplatzes kamen Fundamente mit Pflasterungen und Fußböden zum Vorschein, die Raumaufteilungen, Ausstattungen und Umbauten erkennen lassen. Dazu kommt ein überwölbter Kanal, der wohl zur Vorbereitung des Baugrunds diente, sowie Brand- und Abbruchschichten.

Eine Überraschung war die Entdeckung nicht, denn der Standort der alten Kaserne war bekannt. „Die Ergebnisse der archäologischen Sondage waren aber insoweit überraschend, dass sich die Erhaltung der im Boden vorgefundenen Denkmalsubstanz als sehr gut herausgestellt hat“, berichtet das Stuttgarter Regierungspräsidium. Die vorhandenen Strukturen werden nun mit einer archäologischen Rettungsgrabung freigelegt und danach dokumentiert. „Als Keimzelle der militärischen Entwicklung der Garnisonsstadt Ludwigsburg war die ehemalige Talkaserne eng mit der barocken Stadtgründung verknüpft“, erklärt das Landesamt für Denkmalpflege.

Männer, Frauen und Kinder lebten in großer Enge

1737 zog erstmals eine neu aufgestellte Artilleriekompanie in die Gebäude ein: 500 Mann, die mit Frauen und Kindern in großer Enge lebten. Bis zum Zweiten Weltkrieg wurde die Kaserne als solche genutzt. Danach beherbergte sie Flüchtlinge, schließlich Sozialwohnungen bis zum Abbruch vor 50 Jahren.

Jetzt soll an der prominenten Stelle, am nördlichen Eingang zur Innenstadt, etwas ganz Neues entstehen. Auf einem mehr als 15 000 Quadratmeter großen Areal, eingerahmt von der Unteren Kasernenstraße, der Bietigheimer Straße und der B 27, lässt die Stadt einen neuen Park anlegen. Auch das ist eine Besonderheit, denn die meisten Grünanlagen in Ludwigsburg stammen noch aus der Anfangszeit der Stadt. Das Areal galt lange als Schmuddelecke, geprägt von Hinterhöfen, Geräteschuppen, Müll, Parkplätzen und natürlich viel Beton.

Jetzt werden dort 135 Bäume und Großgehölze gepflanzt, hinzu kommen zirka 10 000 Quadratmeter Wiesen- und Blühflächen. Für Kinder entsteht ein Spielbereich mit Bolzplatz, einem Klettergerüst und Wasserspiel. Die bereits vorhandenen Bäume bleiben erhalten. Vorgesehen ist eine Parkanlage „mit hohem Freizeit- und Erholungswert“, sagt das Rathaus. „Als grüne Lunge und als zeitgenössisches Pendant zu den großen historischen Parkanlagen.“

Die wegfallenden Parkplätze werden in einem neuen Parkhaus an der Bietigheimer Straße ersetzt – an der Stelle, wo bei der Sondierung nun die alte Kaserne wiederentdeckt wurde. Ursprünglich sollten der Park und das Parkhaus im April 2021 fertig werden, doch dieser Zeitplan wird nun nicht mehr zu halten sein. Das Landesamt für Denkmalpflege rechnet damit, dass für die Rettungsgrabung an der Kaserne etwa vier Monate benötigt werden, und in dieser Zeit müssen die Baumaßnahmen am Parkhaus zurückgestellt werden. Die Arbeiten an den Grünflächen und den Spielbereichen können fortgesetzt werden.