Wo besteht denn aus Ihrer Sicht im Repertoire der Oper Stuttgart Erneuerungs-, Erweiterungs- oder Ergänzungsbedarf?`
Das möchte ich jetzt noch nicht öffentlich sagen – auch aus Respekt vor der jetzigen Theaterleitung. Trotz der Länge der Planungsvorläufe darf man ja nicht vergessen, dass dieses großartige Haus jetzt noch zwei Jahre lang ganz hervorragende Arbeit leisten wird, und diese Arbeit möchte ich nicht stören.
Wie halten Sie’s mit Zeitgenössischem?
Im Bereich der Neuen Musik kann Stuttgart stolz sein auf so Vieles – von Lachenmanns „Mädchen mit den Schwefelhölzern“ bis hin zu Uraufführungen im Ballett, die auf schwierigsten Partituren des 20. Jahrhunderts fußen. Das muss gepflegt werden. In Wien habe ich beim Radio-Symphonieorchester in den letzten Jahren kaum ein Konzert ohne ein Werk des 20. oder 21. Jahrhunderts dirigiert. Da habe ich ein großes Interesse.
Wie sehen Sie das Stuttgarter Ensemble?
Ich bin ein großer Freund des Ensembletheaters, weil es nichts Schöneres gibt, als wenn Sänger auf der Bühne gelernt haben, aufeinander zu hören und miteinander szenisch zu agieren. Ich freue mich auch, dass das Stuttgarter Publikum das eigene Ensemble ins Herz geschlossen hat. Viktor Schoner und ich werden in den kommenden Monaten viele Vorstellungen in Stuttgart besuchen, um alle Sänger in unterschiedlichen Partien kennenzulernen. Die Ensemblepflege betrachte ich als eine meiner vorrangigen Aufgaben. Dabei ist es sehr wichtig, genau zu überlegen, für welches Repertoire man welches Ensemble braucht. Die Gestaltung des Spielplans ist ohne eine genau Planung des Ensembles nicht denkbar.
Wird es einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Eva Kleinitz als Operndirektorin geben?
Wir haben als Casting Director Boris Ignatov gewonnen, der aus Paris, Antwerpen, von der Ruhrtriennale und zurzeit Madrid reichlich Erfahrung mitbringt.
Sie haben schon eine große Opernsanierung in Heidelberg in einem Zelt überstanden – in Stuttgart kommen Sie nun vom Regen in die Traufe . . .
Oh, in Wien ist das gerade auch ein Thema, da stecke ich mitten drin in den Umzugsplanungen, denn es muss immer auch jemanden geben, der auf die künstlerischen Aspekte achtet. Also wird Stuttgart schon mein dritter Sanierungsfall . . . Ich freue mich aber sehr darüber, dass sich die öffentliche Hand hier klar zu der Notwendigkeit der Sanierung bekannt hat. Was das Heidelberger Theater betrifft, so ist Vieles nicht mit Stuttgart vergleichbar. Das beginnt schon bei der Interimsspielstätte: Das alte Heidelberger Theater war für Oper akustisch äußerst schwierig, so dass das Zelt als Übergangsspielstätte nicht unbedingt schlechter war. Das ist hier sehr anders.