Wenn Viktor Schoner 2018 die Intendanz der Oper Stuttgart übernimmt, wird einer der zurzeit erfolgreichsten jungen deutschen Dirigenten als Generalmusikdirektor an seiner Seite stehen. Was zieht den 36-Jährigen an den Eckensee? Was sind seine Pläne?

Stuttgart - Zweifellos ein Coup: Bereits kurz nach der eigenen Berufung konnte der künftige Stuttgarter Opernchef Victor Schoner seinen Generalmusikdirektor präsentieren: den gerade mal 36-jährigen Cornelius Meister

 
Herr Meister, weltweit hätten Sie als Dirigent genug zu tun – warum binden Sie sich Sie sich dennoch für sechs Jahre an Stuttgart?
Die Oper Stuttgart ist hat eine unglaublich lange Tradition, das Orchester ist 423 Jahre alt; Ferdinand Leitner war hier, Carlos Kleiber, und Stuttgart war das Winter-Bayreuth. Das lebt alles fort, aber das Spannende ist, dass dieses Haus seine Tradition mit einer ausgeprägten Innovationskraft verbindet. International gilt die Oper Stuttgart als eines der neugierigsten Häuser, als ein Haus, das sich am Puls der Zeit befindet. Gerade die Verbindung dieser scheinbaren Gegensätze reizt mich.
Das kann aber doch nicht alles gewesen sein. Es muss Sie doch auch die personelle Situation hier gereizt haben, und Impulse für Ihre persönliche Entwicklung verknüpfen Sie doch sicherlich auch mit der Stelle des Generalmusikdirektors. Schließlich ist es 2018 kein kleiner Schritt vom Radio-Sinfonieorchester des ORF in Wien an die Stuttgarter Oper.

Die Entscheidung, meinen Wiener Vertrag nicht ein drittes Mal zu verlängern, hatte ich schon bekannt gegeben, bevor Stuttgart auf mich zukam. Das ist mir sehr wichtig: erst das eine abzuschließen, bevor ich Kurs auf Neues nehme. Ich hätte mir auch vorstellen können, frei zu arbeiten, und die zwingende Voraussetzung für eine feste Stelle war für mich, dass alles ideal passt. Das scheint hier der Fall zu sein. Viktor Schoner, der künftige Intendant, ist ein ausgesprochen kreativer Kopf und ein hervorragender Theaterkenner mit internationaler Erfahrung, mit dem das Planen schon jetzt sehr viel Freude macht. Das Staatsorchester mit seinen ungefähr 130 Musikerinnen und Musikern ist stark, erfahren in unterschiedlichen Stilistiken, das gilt es zu pflegen. Über die Qualität des Staatsopernchores gibt es nur Positives zu sagen. Insgesamt herrscht hier im Haus ein guter Geist. Ich habe dies gespürt, als ich auf meinen Wunsch hin gleich nach meiner Ernennung in allen Abteilungen des Hauses bis hin zur Schreinerei und Schlosserei unterwegs war, um mich vorzustellen. Auch mit Ballett und Schauspiel habe ich bereits gute Gespräche geführt.

Gibt es fest definierte Anwesenheitszeiten in Stuttgart?
Zunächst einmal: Ich werde mit meiner Familie und unseren drei Kindern nach Stuttgart ziehen, und zwar möglichst schon im Sommer 2017, denn die wichtigsten Progammierungsarbeiten eines Generalmusikdirektors beginnen ja jetzt, je eher ich vor Ort bin, desto einfacher kann ich planen. Ab Herbst 2018 werde ich Wert darauf legen, sowohl in der Oper als auch im Konzert regelmäßig zu dirigieren – und zwar nicht nur Premieren, sondern auch Wiederaufnahmen. Ich will über das Jahr verteilt immer deutlich machen, dass Stuttgart für mich an erster Stelle steht, und ich werde während meines Engagements hier keine andere feste Opernstelle annehmen.
Ein Chefposten bei einem Konzertorchester könnte es aber nebenbei sein? Sie sind ja immerhin auch erster Gastdirigent beim Yomiuri Nippon Symphony Orchestra.
Das war schon vereinbart, bevor die Anfrage aus Stuttgart kam. Und grundsätzlich: Da ein Konzertorchester ganz anders funktioniert und arbeitet, kann es eine gute Ergänzung zur Opernarbeit sein. Aber noch einmal: Stuttgart steht an erster Stelle. Ich glaube allerdings, dass es für Dirigenten wie für Sänger wichtig ist, auch an anderen Orten Erfahrungen zu sammeln, um diese dann wieder am Stammhaus einzubringen.