Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Der verantwortliche MDR hatte die Produktion der Folge im Internet ausgeschrieben, als Sieger ging ausgerechnet Michael Smeaton mit seiner Firma FFP New Media hervor, die für die Pilcher-Filme, Kategorie Herz-Schmerz-Schmonzette, verantwortlich zeichnet. Eine Frucht der Ausschreibung im Netz ist aber auch die Sonderfolge aus Weimar, die am 26. Dezember gezeigt wird und deshalb als „Weihnachts-Tatort“ im Gespräch ist. Nora Tschirner und Christian Ulmen werden in der Klassiker-Stadt auf Verbrecherjagd gehen. Humorig soll es werden, war zu hören, bei den beiden Darstellern nimmt das nicht wunder. Doch der Kuschelfaktor, den die Krimireihe sonst verspricht, tendiert laut Ulmen gegen Null, angeblich breche der Weimarer „Tatort“ sämtliche Regeln der Reihe. „Die Leiche kommt erst in der 17. Minute“, verriet der TV-Produzent und Schauspieler vor einiger Zeit in einem Interview. Ulmen hält es gar für wahrscheinlich, das Publikum werde derart vom Sofa hochschrecken, dass es den Machern hinterher „Blasphemie“ vorwerfen könnte. Die alten und neuen Medien werden es dem MDR dennoch danken, so haben sie etwas, womit sie in der nachrichtenarmen Weihnachtszeit die Zeitungsseiten füllen und das Social-Media-Geplapper am Laufen halten können.

 

Und mit Veränderungen geht es im neuen Jahr weiter: Von 2014 an will der BR nicht mehr nur von München, sondern auch noch von Franken aus ermitteln lassen; auch in Berlin wird es neue Gesichter geben, nachdem der RBB im August das Aus des Duos Dominic Raacke und Boris Aljinovic, verkündet hat. Wer Ritter und Stark beerben wird, steht noch nicht fest. Und in Frankfurt bleibt auch nichts, wie es war. Nina Kunzendorf ist nach nur fünf Folgen schon wieder raus, Joachim Król will ohne sie nicht weitermachen, weshalb im nächsten Jahr der Stab an Margareta Broich und Wolfgang Koch weiter gereicht wird.

Der gute, alte „Tatort“ droht also für das Gewohnheitstier Zuschauer ganz schön anstrengend zu werden. Die Sender können ihren Erneuerungselan plausibel begründen. Mit jüngeren Schauspielern, wie jetzt in Erfurt, will man jüngeres Publikum an sich binden, immerhin ist der Sonntagskrimi eine der wenigen Sendungen der Öffentlich-Rechtlichen überhaupt, für den sich das Jungvolk interessiert. Das gleiche Motiv steht hinter der Verpflichtung von Größen wie Schweiger oder Möhring. Weil die Stars viele andere Projekte, auch im Kino, haben, sind sie maximal ein oder zwei Mal im Jahr als Regional-Ermittler im Dienst. Das reicht aus, um dem Serien-Oldtimer neue Strahlkraft zu geben und gleichzeitig den Event-Faktor zu steigern. Und der wird angesichts der Konkurrenz, die dem linearen TV im Netz erwächst, immer wichtiger. Vor diesem Hintergrund ist wohl auch das neue Showformat zu verstehen, das die ARD für den Herbst angekündigt hat: Kai Pflaume soll in einer mehrteiligen Quiz-Show den größten „Tatort“-Fan ausfindig machen.

Erneuerung, Verjüngung, alles schön und gut. Doch kann nicht langsam Schluss damit sein? Schließlich will man sonntagabends einfach nur seine Ruhe haben – und einen guten Krimi sehen.