Drei Jahre lang ließen sich die Geschwisterpaar Laura und Max Braun Zeit für ihre neue Platte. Nun ist „To be mine“ erschienen und klingt, konzentriert auf Lauras Stimme und akustische Instrumente, noch puristischer als die Vorgänger

Stuttgart - So ruhig, so zart beginnt diese Musik. „Could I ever be / good enough for me“, fragt Laura Braun sich singend. Sparsam kommt die Begleitung der Gitarre hinzu, vorsichtig taucht die Stimme ihres Bruders Max hinter ihr auf. Die Zeit scheint langsamer zu vergehen, das Lied schreitet hinein in helle, nachdenkliche Räume, in denen Gedanken, Melodien schweben.

 

Eile war die Sache von Max und Laura Braun nie. Schon auf ihren beiden Alben „Telltale“ (2012) und „Highwire Haywire“ (2015) zelebrierten die Geschwister abseits aller städtischen Betriebsamkeit die vollendete Entschleunigung. Drei Jahre ließen beide sich Zeit mit ihrer nächsten Veröffentlichung – „To be mine“ heißt die EP, die sie vor einem Jahr schon in Max Brauns Stuttgarter Studio aufnahmen, im Frühjahr in einem kleinen Berliner Café vor Freunden präsentierten und die nun erschienen ist. Mit ihr gehen sie noch einen Schritt weiter: Fast alle Instrumente, die einst mitwebten am folkloristischen Zauber, sind verstummt.

Max und Laura Braun sind mit „To be mine“ zu ihren tiefsten Wurzeln vorgedrungen, haben sich zugleich aller Schwere entledigt. Alle Stücke der EP haben sie live eingespielt, im Kreis sitzend, mit wenigen Mikrofonen, fast so wie eine alte Bluegrassband – keine Overdubs stören den natürlichen Klang. „Es ist eine puristische, sehr intime Angelegenheit“, sagt Max Braun. „Wir haben den Fokus ganz auf die Stimme gelegt.“

Der Gitarrist Jo Ambros begleitete die Geschwister bereits auf „Highwire Haywire“ – nun lässt er selbst seine Steel Guitar schweigen, spielt nur akustische Saiteninstrumente, die Mandoline, das Banjo, setzt mit ihnen bedachtsam seine Farben in die Hintergründe. Das Cover der EP gestaltete wiederum Laura Braun – in einer schwarzen Hülle mit kreisförmigem Ausschnitt liegt ein Blatt mit Text und Grafik: schwarze, rote, transparente Rundflächen vor Spirallinien, organisch mit dem Buntstift gezogen, ein fragiles Ornament.

Englischem Folk verhaftet

Laura Braun schreibt Texte, die schlicht nur an ihrer Oberfläche sind, nicht wirklich von brechenden Herzen handeln, sondern von der Liebe, die zu groß ist, von ihrer früheren Wahlheimat London, von Herbsttagen, an denen Flugzeuge vom Himmel fallen, vom Sommer, von der Süße, die in Fingerspitzen lebt. In ihrer Bildlichkeit, Stimmung scheinen die Texte so sehr den englischen Folksängern verhaftet zu sein wie die Musik, die sie begleitet. Ein Stück von Richard und Linda Thompson, eines, das Hugh Hopper für The Soft Machine schrieb, gehören schon lange zum Live-Repertoire der Geschwister. Der Jazz, der Broadway, die Songs von Cole Porter und Billie Holiday, die Max und Laura Braun in ihrer Jugend spielten, schwingen in ihren eigenen Kompositionen als ferne Erinnerungen mit.

Auch eine Platte des Übergangs ist „To be mine“ geworden – Laura Braun zog vor den Aufnahmen von London nach Berlin, wurde Mutter. An ihren Songs arbeiteten die Geschwister in einem Sommer in Lissabon und in Berlin – dort lebt auch Jo Ambros, der mit Max Braun die Texte und Melodien, die Laura Braun erfand, ausarbeitete, Arrangements für sie entwickelte. Bald schon wird das Trio bei einem Festival in einer Kirche in der Uckermark auftreten, im Herbst dann vielleicht daheim in Stuttgart. Eilig haben Max und Laura Braun es auch damit nicht. „Ich kann mir viele Orte in der Stadt vorstellen, an denen wir ein Konzert geben könnten“, sagt Max Braun. Wichtig ist ihm dabei nur eines: ein konzertanter Ort soll es sein, ein Ort, an dem das Publikum lauschen, sich dieser stillen Musik ganz öffnen kann.