Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Was es nicht zu hören gibt, sind allerdings eingängige Poprhythmen à la „Let’s dance“ oder „Space Oddity“, von Rocksongs wie „Ziggy Stardust“ natürlich – wie angekündigt – ganz zu schweigen. David Bowie biegt mit diesem Album klug und altersweise auf einen abermals neuen Weg seines Schaffens ein, und wie so vieles in seinem künstlerischen Leben steht ihm auch das ziemlich gut.

 

Bowie präsentiert den zehnminütigen Eröffnungstrack „Blackstar“, der bereits die Marschroute vorgibt, über die sich Freunde der Musik im Dunstkreis zwischen Radiohead und Portishead, zwischen verschachteltem Schlagzeugbeat und eleganter Strophenführung, zwischen TV on the Radio und Massive Attack, freuen dürften. Er serviert uns im vorzüglichen „Lazarus“, dem titelgebenden Song des erwähnten Musicals irgendwo auf den Spuren alter The-Cure-Songs, eine Botschaft, leicht verrätselt, wie so einiges auf diesem durchaus fordernden Album. Freunde eingängiger Popmusik allerdings wird es ein wenig enttäuscht zurücklassen.

David Bowie schlägt nach dem ordentlichen, aber doch ein wenig arglosen Vorgängeralbum mit Songs wie „Sue (or in a Season of Crime)“ auf dieser lediglich sieben Titel bei nur vierzig Minuten Spielzeit enthaltenden CD einen offbeatgeschwängerten, durchaus fordernden Duktus an. Sein eigenes erratisches Sängerimage, das des stilsicheren Crooners, scheint er – etwa in „Girl loves me“ – in einer suchenden Art fast schon zurücknehmen zu wollen.

Das Fazit gerät folglich schwer und leicht zugleich. David Bowie legt ein gereiftes Werk vor, das man gerne auf der Dachterrasse eines New Yorker Lofts hören würde. Er legt eine CD vor, mit der man ihn liebend gern auf einer neuen Stadiontournee erleben würde. Und er hat umgekehrt auch ein fast schon jazziges Album aufgenommen, das man am liebsten in einem kleinen verrauchten Kellerclub genießen würde. Es wird also definitiv eines der Alben sein, die in elf Monaten bei der Wahl der besten Werke des Jahres vorn mitspielen. Denn was er auch macht: David Bowie bleibt ein ganz schön einmaliger Künstler.