Thilo Sarrazin macht wieder Wirbel. Dieses Mal zieht der Ex-Bankvorstand mit absurden Thesen gegen die Währungspolitik zu Felde.

Stuttgart - Thilo Sarrazin macht wieder Wirbel. Der frühere SPD-Finanzpolitiker und Bundesbankvorstand versteht sich darauf, schon vor dem Erscheinen seiner Bücher Wind zu machen. Am Dienstag erscheint sein Werk „Europa braucht den Euro nicht“. Nun herrscht an Abhandlungen von Eurokritikern zwar kein Mangel, aber Sarrazin kann sich der Aufmerksamkeit sicher sein. Vorab beschäftigen sich mehrere Zeitschriften mit dem Provokateur, am Sonntagabend hatte er in der Talkshow „Günter Jauch“ seinen großen Auftritt. Die Rezension des Buches darf nach den Vorgaben des Verlages in den übrigen Medien erst am Dienstag erscheinen.

 

Sarrazin kündigt wie gehabt eine Abrechnung an. Mit einem ähnlichen Ansatz hatte es sein 2010 erschienenes Buch „Deutschland schafft sich ab“ auf die Bestsellerlisten geschafft. Darin hatte sich Sarrazin kritisch mit Migranten auseinandergesetzt und die Behauptung aufgestellt, Juden teilten ein Gen. Der Autor versteht sich darauf, mit steilen Thesen die Debatte zu entfachen. In seiner Zeit als Politiker stellte er die Behauptung auf, er könne vom Hartz-IV-Satz leben. Unfreundlich äußerte er sich damals gegen die Beamtenschaft.

Nutzt sich die Masche ab?

Dieses Mal könnte sich aber herausstellen, dass sich die Masche abnutzt, denn Sarrazin fällt nichts Besseres ein, als die Europolitik mit der dunklen Seite der deutschen Geschichte zu erklären. Sarrazin, der mit seinem SPD-Parteibuch Karriere gemacht hat, greift seine Partei, die Grünen und die Linkspartei wegen der Forderung nach gemeinsamen europäischen Staatsanleihen an. Die Befürworter der Eurobonds seien „getrieben von jenem sehr deutschen Reflex, wonach die Buße für Holocaust und Weltkrieg erst endgültig getan ist, wenn wir alle unsere Belange, auch unser Geld, in europäische Hände gelegt haben“. So zitiert ihn das Magazin „Focus“.

Die These ist zwar abseitig und lässt unberücksichtigt, dass auch SPD und Grüne harte Sparauflagen gegen Krisen mittragen. Wie schief der Vergleich ist, zeigt sich auch daran, dass die südlichen Euroländer nicht von Wiedergutmachung, sondern vom deutschen Spardiktat sprechen. Sarrazins These mag kümmerlich sein, die deutsche Politik belohnt ihn mit großer Empörung. Was der Eurokritiker sagt, ist zwar nicht neu, aber angesichts der ungelösten Probleme in Griechenland dürften seine Thesen Zustimmung finden. Seine Botschaft besteht in der Behauptung, dass der Euro Deutschland mehr schadet als nutzt. Das ist angesichts der engen Verflechtung der deutschen Wirtschaft allerdings eine kühne Behauptung.

Kein kritisches Wort zum Euro

Was Sarrazin angreifbar macht, ist die Tatsache, dass er während seines Berufslebens immer für den Euro stand. Er war Abteilungsleiter im Bundesfinanzministerium, Finanzstaatssekretär in Rheinland-Pfalz, Berliner Finanzsenator und Mitglied des Bundesbankvorstandes. Weil der Mann nicht als teamfähig gilt, war er bei der Bundesbank von Anfang an isoliert. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass von Sarrazin während der Ausübung seiner Ämter kein kritisches Wort zum Euro zu hören war.

In den Staatsämtern fiel er nicht als Eurorebell auf, sondern stützte brav den Kurs seiner Partei. Das hindert ihn nicht daran, im Nachhinein abzurechnen. Eine Frage möchte man ihm stellen: Warum war vom angeblich so weitsichtigen SPD-Finanzpolitiker Sarrazin nichts zu hören, als die Genossen Hans Eichel und Gerhard Schröder 2004 die Axt an den Stabilitäts- und Wachstumspakt ansetzten? Das wäre mutig gewesen.