Der Iran und Russland schmieden bei ihrem Treffen ein neues Bündnis. Frei von Konflikten und Diskrepanzen ist dieses jedoch nicht.

Ali Khamenei klang wie ein russischer Regierungssprecher. Russland habe die Ukraine angreifen müssen, um dem Gegner zuvorzukommen, sagte der iranische Revolutionsführer bei einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin in Teheran. Wenn die Nato eine Öffnung sehe, dann „gibt es kein Halten mehr“. Mit diesen Sätzen rückte der 83-jährige Khamenei den Iran im Ukraine-Krieg an die Seite Russlands. Die neue russisch-iranische Zusammenarbeit dürfte aber nicht problemlos funktionieren.

 

Die neue russisch-iranische Achse gegen Erdogan

Khamenei, die oberste Instanz der Islamischen Republik, überraschte mit seiner Parteinahme für Russland die eigene Regierung. Noch vor wenigen Tagen versicherte Außenminister Hossein Amirabdollahian seinem ukrainischen Amtskollegen Dmitry Kuleba in einem Telefonat, der Iran sei gegen den Krieg. Auch werde der Iran keine Kampfdrohnen an Russland liefern.

Nach Khameneis Auftritt dürfte Kuleba da nicht mehr so sicher sein. Khameinis Lob für Russland hatte diplomatische Folgen: Der syrische Präsident Baschar al-Assad, ein Schützling von Russland und Iran, brach die offiziellen Beziehungen zur Ukraine ab.

Putin traf in Teheran auch den iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi – es war bereits ihre dritte Begegnung seit Jahresbeginn. Zusammen mit Raisi setzte Putin die neue russisch-iranische Achse gegen den zweiten ausländischen Gast in Teheran ein, den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan.

Für den Iran könnte es sich auszahlen, die Russland auf seiner Seite zu haben

Russland und der Iran lehnten Erdogans Plan für eine türkische Militärintervention im Norden Syriens ab. Khamenei, der so viel Verständnis für Putins Krieg zeigte, belehrte Erdogan, ein neuer Krieg in Syrien werde nur den „Terroristen“ nützen. Die gemeinsame Abschlusserklärung betonte, die drei Länder wollten ihr Vorgehen im Norden Syriens „koordinieren“. Von einem Recht der Türkei auf Einmarsch war keine Rede.

Wesentlich begeisterter klangen die Mitteilungen nach den russisch-iranischen Kontakten in Teheran. Putin und Raisi freuten sich nach Angaben des iranischen Präsidialamtes gemeinsam über den „Sprung“ in den bilateralen Beziehungen. Für den Iran könnte es sich im Dauerstreit mit den USA auszahlen, die UN-Vetomacht Russland auf seiner Seite zu haben. Auch neue Perspektiven für die krisengeplagte iranische Wirtschaft tun sich auf. Das russische Energieunternehmen Gazprom unterzeichnete eine Absichtserklärung, die Investitionen von bis zu 40 Milliarden Dollar in der iranischen Öl- und Gasindustrie vorsieht.

Von einer iranischen Atombombe will Russland genauso wenig wissen wie die westlichen Staaten

Umgekehrt sieht Russland den Iran als wichtigen Partner, um die internationale Isolierung wegen des Ukraine-Krieges zu durchbrechen: Putin konnte in Teheran zeigen, dass Russland auf der Weltbühne keinesfalls alleine dasteht.

Allerdings ist das Bild keineswegs so rosig, wie es beide Regierungen darstellen. Der bilaterale Handelsaustausch erreicht nicht einmal vier Milliarden Dollar im Jahr. Außerdem kommen sich die beiden Länder beim Versuch in die Quere, trotz westlicher Sanktionen mit Ölexporten Geld zu verdienen. So gewährt Russland bei Exporten nach China einen 30-prozentigen Preisnachlass und verdrängt damit iranische Ausfuhren.

Und von einer iranischen Atombombe will Russland genauso wenig wissen wie die westlichen Staaten. Zudem pflegt Putin gute Beziehungen nicht nur zu Israel, sondern auch zu den Golf-Arabern, die ebenfalls zu den Feinden des Iran zählen.